Interview - Hilfsorganisation: Medizinische Hilfe kommt in Gaza zu kurz
Die medizinische Versorgung der Menschen im Gazastreifen war schon immer eine Herausforderung. Durch die Abriegelung kommen nun weder Medikamente und Verbandszeug noch Lebensmittel in das Gebiet, erklärt Riad Othman von der Hilfsorganisation Medico International. Er fordert ein Ende der Blockade: "Die Leute haben ein Recht auf Zugang zu humanitärer Hilfe."
Es werde zunehmend schwierig, mit Menschen in Gaza zu kommunizieren, sagt Riad Othman. Er ist Leiter der Hilfsorganisation Medico International in Ramallah, zuständig für Israel und Palästina. Er selbst ist in Berlin, hält aber Kontakt zu Mitarbeitern und Partnerorganisationen vor Ort.
Sein letzter Kontakt sei am Freitag gewesen. Da machten sich die Menschen auf den Weg in den Süden, "weil es einfach zu gefährlich sein wird im Norden von Gaza." Die israelische Armee mache sich wenig Gedanken darüber, wo die Menschen konkret hingehen könnten. "Es gibt da unten keine Aufnahmekapazitäten." Die Geflohenen müssten größtenteils auf der Straße oder auf Felder kampieren müssen, "wobei, so dicht, wie das besiedelt ist, ist da einfach nicht so viel Platz."
Othman: Hilfsorganisationen können Menschen nicht versorgen
Doch selbst in UN-Einrichtungen gebe es keine Vorräte. Durch die Abriegelung des Gazastreifens kommen keine Lebensmittel, keine Medikamente, kein Verbandmaterial, kein Strom und kein Wasser hin. "Da kommen jetzt tausende von Menschen an und die Einrichtungen sind nicht darauf eingestellt, die irgendwie zu versorgen."
Bis vor kurzen konnte nach Angaben von Othman die Palestinian Medical Relief Society, eine Basisgesundheitsorganisation, eine Grundversorgung durchführen und Verletzte evakuieren. Diese habe nach Beginn des Kriegs Popupkliniken aufgebaut, um Menschen mit akuten und chronischen Krankheiten Behandlung und Medikamente anzubieten. Dies komme nun zu kurz, "weil eben alles auf kriegsmedizinische, intensivmedizinische Versorgung umgestellt wird."
Medico International: "Es gibt keine sichere Flucht"
"Es gibt keine sichere Flucht", sagt Riad Othman. So seien am Freitag mindestens 70 Menschen getötet und mindestens 150 verletzt worden, während sie sich innerhalb des Zeitfensters in Richtung Süden auf der Fluchtrute befanden.
Finanzielle Mittel bringen laut Othman den Hilfsorganisationen aktuell nichts, "weil es einfach nichts zu kaufen gibt in der Situation." Othman fordert, dass die internationale Gemeinschaft auf Israel einwirkt, damit die vollständige Blockade aufgehoben wird. "Die Leute haben ein Recht auf Zugang zu humanitärer Hilfe."