Union und SPD präsentieren Koalitionsvertrag
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Interview - Politikwissenschaftler Jun: Ein Koalitionsvertrag voller Kompromisse

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD lässt eine Menge Fragen offen. Das habe damit zu tun, dass man viele Kompromisse machen musste, sagt der Politikwissenschaftler Uwe Jun.

Kritik von der Opposition, Applaus von der Wirtschaft, gemischte Bewertungen von Ökonomen – so die bisherigen Reaktionen auf den Koalitionsvertrag, den Union und SPD gemeinsam ausgehandelt haben. In einem sind sich aber die meisten einig: Eine klare Linie wird noch so richtig deutlich.

Jun: Koalitionsvertrag ist ein Rahmenprogramm, an dem man sich orientiert


Politikwissenschaftler Uwe Jun sieht in den 146 Seiten einen ziemlich typischen Koalitionsvertrag, insbesondere wie man ihn aus der Koalitionsgeschichte von CDU/CSU und SPD schon kenne: "Die Bundesregierung hat sich so eine Art Rahmenprogramm gegeben, wie es in Koalitionsverträgen auch üblich ist, an dem man sich orientiert. Und das dient dann dazu, dass es Themen festsetzt, die dann die Bundesregierung weiter näher bearbeiten muss."

Kritik gibt es auch von Sozialverbänden. Tatsächlich fehlten große Sozialreformen in dem Papier, meint Jun. "Eine Sozialstaatsreform ist notwendig. […] Wie das gelingt, das ist klar, das kann man in einem Koalitionsvertrag nicht erwarten, dass ein solches umfassendes Programm darinsteht."

Politikwissenschaftler: Merz ging im Wahlkampf von einer stärkeren CDU aus


Enttäuschung gibt es auch bei Teilen der CDU-Basis, die zentrale Wahlkampfversprechen von Friedrich Merz nicht eingehalten sieht. "Einen Politikwechsel hat Friedrich Merz versprochen", erinnert Jun, "aber er ging halt da davon aus, dass die Union noch stärker werden würde. […] Es ist natürlich der SPD gelungen, vieles von dem, was sie bisher an Politik betrieben hat, auch weiter in diesen Koalitionsvertrag reinzuschreiben."

Dass so wenig Konkretes im Vertag stehe, habe damit zu tun, dass die Parteien viele Kompromisse finden mussten, sagt der Politikwissenschaftler: "Die drei Parteien kommen aus unterschiedlichen Richtungen, müssen jetzt einen gemeinsamen Weg gehen. Und dass man dann an einigen Stellen vage bleibt, das ist klar, weil man eben dann diese Kompromisse im politischen Alltag weiter festigen muss."

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