Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).
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Interview - Steinbrück (SPD): Staat muss Zumutungen gerecht verteilen

Deutschland braucht dringend strukturelle Reformen, fordert die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat". In den Koalitionsverhandlungen müsse darauf geachtet werden, dass das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger nicht beschädigt werde, sagt Peer Steinbrück (SPD), Mitglied der Expertenkommission.

Um handlungsfähig zu bleiben, braucht Deutschland weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung und eine klare Aufgabenverteilung. Diese Forderungen kommen von der "Initiative für einen handlungsfähigen Staat", die der Bundespräsident ins Leben gerufen hat.

Steinbrück: Versäumte Reformen nachholen

 

Doch werden Union und SPD die Vorschläge der Expertenkommission im Koalitionsvertrag umsetzen? "Unser Eindruck ist, dass es jedenfalls kein Erkenntnisproblem gibt", sagt Peer Steinbrück (SPD), der Mitglied im Gremium ist. Beide Seiten wüssten, dass die nächste Legislaturperiode genutzt werden müsse, um den Staat voranzubringen. Versäumte Reformen müssten nachgeholt werden.

Entscheidend sei aber letztlich nicht, was im Koalitionsvertrag stehe, sondern wie die neue Regierung handele, so Steinbrück. Es gehe für die Koalitionäre darum, die "dramatische Zuspitzung der Handlungsunfähigkeit" wahrzunehmen, der "Maschinenraum dieses Staatswesens" müsse ertüchtigt werden. "Wenn sie das nicht tun, wird das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Funktions- und Handlungsfähigkeit dieses Staates weiter abnehmen und das kann zum Demokratieproblem werden", so Steinbrück.

Kein "Wünsch dir was" bei Staatsausgaben

 

Was die Finanzen angehe, seien in den Verhandlungen "einige am Werk, die nach wie vor so ein bisschen Wünsch-dir-was-Zettel aufschreiben", so Steinbrück. "Das wird an den Fakten zerschellen, weil das Geld nicht dafür da ist."

Die neue Regierung dürfe auch Zumutungen verteilen. "Sie muss nur aufpassen, dass diese Zumutungen gerecht verteilt werden und dass das Gerechtigkeitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger nicht beschädigt wird", so Steinbrück. Er wünsche sich deshalb, dass etwa die Bekämpfung von Steuerhinterziehung stärker in den Mittelpunkt trete als die Frage des Sozialbetrugs.

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