Interview - Migrationsforscherin: Es braucht Abstimmung statt Konfrontation
In den Sondierungsgesprächen haben sich Union und SPD darauf verständigt, dass Asylsuchende an den Grenzen zurückgewiesen werden können. Ein Konfrontationskurs mit den Nachbarländern sei falsch, mahnt Migrationsforscherin Birgit Glorius.
Nach den Plänen von Union und SPD könnte es künftig möglich sein, dass jemand, der an der deutsch-österreichischen Grenze um Asyl bittet, wieder ins Nachbarland zurückgeschickt wird. Doch von Österreich heißt es schon: Wir wollen da nicht mitmachen und werden niemanden zurücknehmen. Jens Spahn (CDU) sagt nun, Zurückweisungen könnten auch ohne Zustimmung der europäischen Nachbarn erfolgen.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken hält das für brandgefährlich. Auch Migrationsforscherin Birgit Glorius von der Technischen Universität Chemnitz mahnt in der Frage zu einem abgestimmten Vorgehen mit den Nachbarländern. Das sei wichtig, um in der europäischen Asylpolitik weiterzukommen. "Das geht ja nur im Positiven und nicht indem man hier auf einem Konfrontationskurs sich bewegt."
Glorius: Gemeinsame EU-Regelungen umsetzen
Nach Einschätzung der meisten Juristen seien Zurückweisungen an den Grenzen ohnehin sowohl völker- als auch europarechtlich nicht möglich. Vielmehr sei es wichtig, die Abmachungen im reformierten Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) umzusetzen, sagt Glorius, die Mitglied im Sachverständigenrat für Integration und Migration ist. Dabei gehe es auch um effektivere Rückführungen von Asylsuchenden in die Länder, die das Verfahren durchführen sollen. "Das geht, wenn alle EU-Staaten diese Regelungen ratifizieren." Deutschland müsse in diesem Prozess vorangehen.