Interview - General a. D. Ramms: 800 Milliarden könnten zu wenig sein
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will 800 Milliarden Euro für die Verteidigung mobilisieren. Egon Ramms, General a. D. des Heeres der Bundeswehr, bleibt skeptisch.
Durch Lockerung von Stabilitätskritierien und einen Gemeinschaftsfonds will die EU 800 Milliarden Euro für Verteidigung mobilisieren. Die Entwicklung der letzten Tage findet auch der General a. D. des Heeres der Bundeswehr Egon Ramms wie von vielen beschrieben historisch, er bleibt aber skeptisch. "Der große Plan für die gemeinsame Ausrüstung, der fehlt noch", sagt er.
Die 800 Milliarden werden Ramms zufolge "wahrscheinlich nicht" genug sein, "weil die Startpositionen, die die verschiedenen europäischen Staaten haben, völlig unterschiedlich sind." Er verweist auf die deutschen Anstrengungen, noch Milliardeninvesitionen vom Bundestag absegnen zu lassen. "Andere Länder haben sich diesbezüglich noch nicht bewegt." Zwar stünden Frankreich und Grobritannien "fest" als Unterstützer an der Seite der Ukraine, Frankreich habe aber auch eine sehr schwierige Schuldensituation. "Von daher, sage ich mal, 800 Milliarden könnten möglicherweise auch zu wenig sein."
Ramms: Eigener Atomschirm wäre "teures Unterfangen"
Ramms sagt, er hätte sich vor Verkündung der Summe zunächst einen gemeinsamen Streitkräfteplan gewünscht, dem sich die einzelnen Mitgliedstaaten unterordnen müssten, also "zu entscheiden, wer stellt welche Bataillone, wer stellt welche Stäbe, wer hat welche Bewaffnung und dergleichen mehr." Es laufe wieder auf die Gefahr hinaus, so Ramms, "dass jedes Land sich im Prinzip selber aufstellt, und hinterher viele Dinge dann wieder nicht zusammenpassen." In diesem Falle würden die 800 Milliarden "mit Sicherheit nicht" reichen.
Zu Diskussionen, Deutschland oder ganz Europa unter den atomaren Schutzschirm der Franzosen rücken zu lassen, konstatiert Ramms, dass er noch nicht sehe, dass die US-Amerikaner ihren atomaren Schutzschirm zurückziehen werden. "Das ist für mich im Augenblick noch kein großes Risiko." Der Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sei dennoch wichtig. Er merkt aber an, dass bisherige Milliardenplanungen, sollte Deutschland unter den französischen Schirm rücken, nicht ausreichen würden, und man bei einem deutlich höheren Anteil des BIP landen würde bei eigener entsprechender Bewaffnung Europas mit Nuklearwaffen. "Das wird dann ein teures Unterfangen."