Interview - Meeresbiologin: Kühlere Temperaturen nicht in Sicht
Das Jahr 2024 war laut dem neuen Copernicus-Bericht das wärmste, seitdem Messdaten erhoben werden. Meeresbiologin Antje Boetius sagt, es sei eine Warnung, dass die Erderwärmung erstmals über 1,5 Grad lag.
"Zum Verständnis: Das Klimaziel meint nicht ein einzelnes Jahr, sondern Klimaveränderung - und die rechnen wir über einen Durchschnitt von mehreren Jahrzehnten", erklärt Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. "Es ist aber wirklich eine Warnung, dass diese Periode jetzt angefangen hat."
Aktuell könne man nicht davon ausgehen, dass es in den nächsten Jahren deutlich kühler wird, so Boetius. "Und das bedeutet für die, die verstehen, was 1,5 Grad Erderwärmung im Durchschnitt nun für uns alle im Einzelnen bedeutet […], ein absolutes Bedrohungsszenario", sagt sie. "Und alle, die es noch nicht verstanden haben, dümpeln halt weiter einer ziemlich apokalyptischen Zukunft entgegen."
Boetius: Hälfte des Stroms weltweit aus erneuerbarer Energie
Sie sei immer wieder erschrocken darüber, "wie falsch die Leute in der Politik und in den Medien darüber sprechen, was Klimawandel eigentlich ist und wen das alles so erwischt und dass es einfach keine Gewinner gibt", sagt Boetius. Dabei brauche es dafür eigentlich nur ein basis-naturwissenschaftliches Verständnis.
Es gebe aber auch gute Nachrichten und man komme voran, so die Tiefseeforscherin. "Ich bin fasziniert davon, dass wir, auch in 2024, erstmals deutlich über 50 Prozent Strom aus regenerativen Energien haben - in Deutschland und weltweit. Da gibt es riesige Wachstumsquoten für Photovoltaik, gerade in Indien und China. Und das ist das, was wir brauchen."