Interview - Orient-Institut-Direktor: Syrien muss eigenen Weg finden
Baschar al-Assad ist gestürzt - nach mehr als einem halben Jahrhundert der Diktatur durch ihn und seinen Vater. Andreas Reinicke, der frühere Botschafter Deutschlands in Syrien und derzeitige Direktor des Deutschen Orient-Instituts, blickt in die Zukunft.
Islamisten stürzen eine Diktatur. Da gibt es Hoffnungen wie Angst. "Bisher haben die Rebellen in Bezug auf die Inklusion der Minderheiten und auch den Schutz der Menschenrechte sich eigentlich recht ordentlich verhalten", sagt der ehemalige deutsche Botschafter in Syrien, Andreas Reinicke. Die Islamisten um den Anführer Muhammad al-Dscholani hätten die Christen beruhigt und die Alawiten und gesagt, sie hätten einen Platz in einem zukünftigen Staat. "Ob das wirklich so sein wird, das wird man dann sehen müssen, aber bislang hat al-Dscholani, der Anführer, das richtige gesagt und auch richtige gemacht."
Syrien bräuchte nun zwei Dinge, sagt der derzeitige Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Berlin. "Es braucht Unterstützung bei einem Prozess der Konsolidierung der Macht und der Regierung." Reinicke legt hier die Betonung auf die bloße Unterstützung. "Denn dieser Prozess ist einer, den sie selber machen müssen." Es solle kein Prozess sein, der von außen angestoßen wird. "Syrien muss selber seinen eigenen Weg finden - ob der nun Demokratie in unserem Sinne ist oder etwas anderes, das müssen die Syrer selbst entscheiden." Darüber hinaus brauche das Land Wiederaufbauhilfe, so Reinicke.
Im Interview kommt Reinicke noch auf das Konzert der Regionalmächte, deren Interessen bei der neuen Machtkonstellation und auf potenzielle Rückführungen von Flüchtlingen aus Deutschland zu sprechen.