Interview - Baerbock (Grüne): Worte allein helfen der Ukraine nicht
Die USA erlauben der Ukraine offenbar mit Langstreckenwaffen Ziele in Russland anzugreifen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verteidigt das. Es gehe darum, Abschussanlagen für Waffen zu zerstören.
Vor mittlerweile 1000 Tagen hat Russland die gesamte Ukraine angegriffen. Kurz vor Beginn des dritten Kriegswinters ist die Lage für die Menschen dort besonders dramatisch: massiver Beschuss durch die russische Armee, zerstörte Stromnetze und Wasserversorgung, der Strom wird abgeschaltet, um ihn zu rationieren. Um den Angriffen mehr entgegensetzen zu können, haben die USA nun offenbar ihren Kurs geändert. Präsident Joe Biden hat nach Medienberichten Beschränkungen aufgehoben, wodurch die Ukraine jetzt Raketen mit größerer Reichweite gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einsetzen kann.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verteidigt diesen Schritt der USA. Sie sagt, es sei schon seit langem bekannt, dass sie und ihre Partei "das genauso sehen wie unsere osteuropäischen Partner, wie die Briten, wie die Franzosen und auch wie die Amerikaner." Sie betont: "Wenn auf unser Land Raketen, Drohnen, Bomben fallen würden, wenn Kinderkrankenhäuser angegriffen werden würden, wenn die Stromversorgung angegriffen würde, wenn einfach unser ganz normales Leben angegriffen worden wäre, dann würden wir uns auch verteidigen."
Baerbock: Einsatz der Langstreckenwaffen im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts
Aus Sicht der deutschen Außenministerin geht es bei der Freigabe der USA für Langstreckenwaffen darum, Abschussanlagen hinter der Grenze zu zerstören. Manche Orte seien so dicht an Russland, dass die Luftverteidigung nicht helfe. Die Raketen würden viel zu schnell einschlagen. Da könnten die US-Langstreckenwaffen der Ukraine helfen. "Und das ist im Rahmen des internationalen Rechts, des Selbstverteidigungsrechts", betont Baerbock. "Jedes Land würde genau das versuchen, dass man seine Schulen, seine Krankenhäuser so schützen kann, dass die Kinder, dass die Menschen überleben können."
Wichtig sei es, jeden Schritt abzuwägen - "das haben wir in den 1000 Tagen immer wieder getan". Jetzt gebe es aber einen kritischen Moment, an dem es darum gehe, den Frieden in Freiheit in Europa zu bewahren. "Worte helfen in dieser Situation der Ukraine nicht aus." Dennoch sei es essenziell, dass gesprochen werde. "Diplomatie lebt davon, dass selbst in schwierigsten Momenten gesprochen wird. Wichtig ist, dass wir an dieser Stelle gemeinsam als Europäer sprechen."