Interview - GdP: Alleine in Berlin scheitern drei von vier Abschiebungen
Das Attentat von Solingen hat eine umfangreiche Debatte über Abschiebungen ausreisepflichtiger Asylbewerber ausgelöst. Woran diese oft scheitern, erklärt Benjamin Jendro (Gewerkschaft der Polizei Berlin).
Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei in Berlin sieht eine Vielzahl von Gründen, woran Abschiebungen scheitern. Die beteiligten Behörden seien personell nicht gut genug ausgestattet, "um der Masse auch wirklich Herr zu werden." Er beklagt, dass es in Berlin und in anderen Bundesländern auch kein Abschiebegewahrsam gebe. Oftmals werde die Polizei wegen kleineren Verbrechen auf Leute aufmerksam, bei denen sich herausstellt, dass sie ausreisepflichtig seien. "Dann sollten wir einen Abschiebegewahrsam haben und die Menschen nicht wieder rauslassen, sondern erst einmal dabehalten, für eine Woche beispielsweise, damit die Abschiebung vollzogen werden kann."
"Alleine in Berlin scheitern drei von vier geplanten Abschiebungen", sagt Jendro, "weil die Personen an der Adresse nicht auffindbar sind, in der Unterkunft, was auch immer, weil sie gesundheitlich Probleme haben, weil sonst irgendetwas passiert, wie zum Beispiel, dass in einem aufnehmenden Land die Landeerlaubnis entzogen wird, weil sie wirklich aktiven Widerstand leisten, sodass die geplante Abschiebung abgebrochen wird." Das seien alles Phänomene, die dazu führten, dass die Zahl der Ausreisepflichtigen, die auch wirkich außer Landes gebracht werden, nicht befriedigend sei.
Welche Maßnahmen braucht es?
Ein weiteres konkretes Beispiel: Ausreisepflichtige Menschen können sich Jendro zufolge mittlerweile auch gut in den sozialen Medien darüber informieren, ob Charterflüge in eine bestimmte Richtung gingen. "Dann wissen sie ganz genau, dass sie an dem Tag möglichst nicht anzutreffen sind." Bei vielen erfolgreich durchgeführten Abschiebungen gibt es Jendro zufolge auch Probleme. Die Personen seien dann eine Woche später wieder in Deutschland anzutreffen.
Von der Politik wünscht sich der Sprecher der Polizeigewerkschaft neben der Möglichkeit des Abschiebegewahrsams mit ausreichend guten logistischen Einrichtungen insbesondere auch, keine "populistischen Phrasen herauszuhauen - so nach dem Motto - wir machen jetzt Aufnahmestopp für Ausländer aus Syrien und Afghanistan." Die Bundespolitik müsste, so Jendro, dann erst einmal erklären, "wie man das rechtlich durchdrücken möchte." Auch solle man dabei nicht alle Ausreisepflichtigen über den Kamm scheren, denn nicht alle seien Kriminelle. Er wünscht sich effiziente Grenzkontrollen mit adäquater personeller Ausstattung bei der Bundespolizei - und auch ein EU-Einwanderungsrecht.