Interview - Diakonie-Studie: Kinderarmut führt zu enormen Folgekosten
Die Folgen von Kinderarmut sind gravierend – gesellschaftlich wie volkswirtschaftlich. Das zeigt eine aktuelle Studie, die die Diakonie in Auftrag gegeben hat. Der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, sagt, die Studie solle die aktuelle Debatte um die Kindergrundsicherung versachlichen - und warnt auch vor politischen Folgen der Kinderarmut.
Der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, sagt über die neue Studie: "Es zeigt zum Beispiel eben ganz deutlich, dass Kinder, die in relativer Armut aufwachsen, ein signifikant erhöhtes Risiko haben, an Adipositas zu erkranken." Und das führe zu verschiedenen Folgeerkrankungen.
Viele Kinder hätten dadurch "erhebliche Entwicklungsverzögerungen", die wiederum negative Folgen für die Bildungskarriere hätten. "Und alles das hat Folgekosten. Und diese Folgekosten haben wir berechnet." Für Deutschland lägen diese weit über 100 Milliarden Euro. "Das sind die Folgen, die die gesamte Gesellschaft zu tragen hat."
Lilie: Herausforderungen ohne Entweder-oder-Antworten
Seit Wochen streitet die Bundespolitik über die Mittel für eine sogenannte Kindergrundsicherung. Lilie sieht die veröffentliche Studie der Diakonie als Beitrag, um diese Debatte zu versachlichen. "Wir führen in diesem Land unheimlich viele aufgeladene Entweder-oder- und Schwarz-weiß-Debatten, die für gar nichts gut sind. Das sind komplexe Herausforderungen, auf die es keine Entweder-oder-Antworten gibt."
"Das ist das Fairness-Versprechen einer sozialen Demokratie"
Lilie sagt: "Wir müssen einfach strukturell etwas tun, damit die individuellen Startpositionen dieser Kinder besser werden." Das sei das Fairness-Versprechen einer sozialen Demokratie. "Darum müssen wir sie materiell, individuell gut ausstatten. Das ist das Thema der Kindergrundsicherung."
Deutschland nehme im Moment diese enorme Folgekosten wie selbstverständlich hin - vor allen Dingen auch die politische Kosten. "Denn das sind alles Kinder und Familien, die sagen: 'Ich komme eigentlich in diesem Land nicht mehr vor'."