Interview - Bayram (Grüne): Noch viele afghanische Ortskräfte sitzen fest
In Afghanistan regieren seit zwei Jahren die radikal-islamischen Taliban. Noch immer sind viele Ortskräfte, die für Deutschland gearbeitet haben, in Gefahr. Sie säßen in Afghanistan und auch in Nachbarländern fest, sagt die Grünen-Politikerin Canan Bayram.
Die Machtübernahme der Taliban ist in vielen Bereichen ein Rückschritt für Afghanistan, vor allem für das Leben von Frauen und Mädchen. Sie dürfen nur noch bis zur sechsten Klasse zur Schule gehen, nicht mehr studieren und in vielen Berufen nicht mehr arbeiten. International ist Afghanistan isoliert.
Bayram: Anspruch auf Schutz war ungeklärt
Der Abzug der deutschen Soldaten aus dem Land vor zwei Jahren verlief überstürzt. Damit beschäftigt sich inzwischen ein Untersuchungsausschuss im Bundestag. Es geht auch um die Frage, was aus den Zusagen der Bundesregierung geworden ist, gefährdete afghanische Ortskräfte in Deutschland aufzunehmen und ihnen damit Schutz zu bieten.
Zunächst sei unklar gewesen, wer eigentlich Anspruch auf diesen Schutz habe, wer zur Familie der Ortskräfte gehöre, sagt Ausschussmitglied Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen). "Das wurde wohl in der Bundesregierung damals nicht eindeutig beantwortet", so Bayram. "Es gab dann irgendwann ein Machtwort der Kanzlerin."
Untersuchungsausschuss prüft Rechtsgrundlagen
Im Fokus des Ausschusses stünden die damaligen Versäumnisse, die aber bis heute nachwirkten, so die Grünen-Politikerin. Sie hätten dazu geführt, dass aktuell immer noch Menschen festsitzen - "nicht nur in Afghanistan selbst, teilweise auch in den Nachbarländern", so Bayram. Bei ihnen werde immer noch geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Aufnahme in Deutschland vorliegen.
Derzeit kläre der Untersuchungsausschuss die Rechtsgrundlagen. "Wir diskutieren, inwieweit die angepasst und verändert werden können, damit tatsächlich die Zusage, die insbesondere die Bundeswehr gegenüber den Ortskräften gemacht hat, eingehalten werden kann", sagt Bayram. Denn davon hänge auch ab, ob Deutschland auch in Zukunft in anderen Ländern Unterstützung von Ortskräften bekomme.