Interview - Müller (SPD) über die deutschen Fehler im Afghanistan-Einsatz
Vor 20 Jahren hat die Nato in Afghanistan das Kommando über die Internationale Afghanistan-Schutztruppe übernommen. Bis heute wird diskutiert, wie der Afghanistan-Einsatz so schief laufen konnte. SPD-Außenpolitiker Michael Müller nennt dafür vor allem zwei Gründe.
Vor einem Jahr hat der Bundestag eine Enquete-Kommission eingesetzt, um aus dem Afghanistan-Einsatz Lehren für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik zu ziehen. Der SPD-Außenpolitiker Michael Müller leitet sie. Er sagt, Deutschland habe die Entscheidungsstrukturen in Afghanistan nie wirklich verstanden. "Wir sind ja in Afghanistan nicht auf ein Staatsgebilde gestoßen, wie wir es kennen."
Die Menschen in den ländlichen Regionen Afghanistans hätten sich gar nicht um das gekümmert, was in den großen Städten passiert. Stattdessen hätten dort die Dorfältesten entschieden, sagt Müller. "Und wenn man in einem Land etwas aufbauen will, muss man ja die Bevölkerung gewinnen." Dazu zählten auch die wichtigsten Entscheidungsträger vor Ort. "Und das ist uns eben nicht gelungen."
Müller: Ministerien haben nicht alle an einem Strang gezogen
Ein weiteres Problem sei die mangelnde Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bundesministerien gewesen. Die Ministerien hätten sich zwar ausgetauscht, aber es habe kein koordiniertes Vorgehen aller Beteiligten gegeben, sagt Müller. "Das waren sechs oder sieben Ressorts, die gefordert waren. Und weder hier in Berlin noch dann in Afghanistan vor Ort wurde es ein koordinierter Einsatz, wo alle an einem Strang gezogen haben."
Stattdessen habe man der Bundeswehr offensichtlich sehr viele Aufgaben übertragen, sagt Müller. Dabei sei die Bundeswehr gar nicht für alles zuständig, zum Beispiel nicht für die zivile Arbeit oder den Staatsaufbau.