Vis à vis - Medina Yilmaz: Blicke mit Angst auf die Thüringen-Wahl
In Berlin aufgewachsen, in Erfurt neu gestartet: Medina Yilmaz lebt gerne in der thüringischen Landeshauptstadt - und will dort auch nicht weg, sagt sie. Sorgen hat sie als Frau mit türkischen Wurzeln allerdings vor einem Wahlerfolg der AfD. Von Susann Reichenbach
In den Umfragen vor der Landtagswahl in Thüringen steht die AfD mit deutlichem Abstand auf dem ersten Platz. Bis zu 30 Prozent geben an, der Partei ihre Stimme geben zu wollen. Die Wahl-Erfurterin Medina Yilmaz betont: "Wir dürfen nicht vergessen, (...) 70 Prozent wählen die AfD nicht." Man dürfe diese Mehrheit nicht im Stich lassen und der Partei das Feld überlassen. Deshalb wolle sie Thüringen auch nicht verlassen.
Yilmaz wuchs in einer türkischen Familie in Berlin-Wedding auf - in einem sehr traditionellen Umfeld, wie sie sagt. Aus einer arrangierten Ehe mit 17 löste sie sich nach einigen Jahren und fing in Erfurt ein neues Leben an. Dort steht sie kurz vor ihrem Jura-Examen. Ständige Angst vor Angriffen habe sie in der Stadt zwar nicht. Dennoch mache ihr die politische Stimmung Sorgen. Denn mittlerweile würden mehr Menschen offen ihre Einstellung gegen Menschen mit Migrationsgeschichte äußern. "Was ist dann der nächste Schritt? Wenn sie ihre Meinung offen sagen, dann wird das irgendwann vielleicht zu Tätlichkeiten übergehen können. Und vor diesem Übergang habe ich Angst."
Yilmaz: Verzerrte Wahrnehmung in Thüringen
Deshalb blicke sie auch mit Angst auf die Landtagswahl in Thüringen - vor allem davor, dass die AfD an die Macht kommt, sagt Yilmaz. Die plakatiere im Wahlkampf offen mit dem Begriff der "Remigration". Diese ablehnende Haltung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund führt sie darauf zurück, dass in Thüringen nur Wenige Kontakt zu Menschen wie ihr hätten. "Sie sehen jeden Tag nur die Migrant*innen, die Probleme machen. Und dann hast du irgendwann eine verzerrte Wahrnehmung."