Vis à vis - Cecilia Juretzka berät Schutzsuchende, die Asyl in der Kirche beantragen
Vor 40 Jahren gewährte in Berlin erstmals eine Kirchengemeinde Asyl. Bis heute ist das Kirchenasyl ein wichtiges Instrument. Cecilia Juretzka berät Schutzsuchende für den Verein "Asyl in der Kirche". Wie und mit welchen Erfolgen - das hat sie Liane Gruß erklärt.
Vor 40 Jahren gewährte in Berlin erstmals eine Kirchengemeinde Kirchenasyl. Damals, 1983, waren es drei Familien aus Palästina, denen die Abschiebung drohte. Sie fanden Zuflucht in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin-Kreuzberg und man gewährte ihnen spontan Asyl.
Jeder Fall wird geprüft
Heute ist das schwieriger. Es wird geprüft, bevor Kirchenasyl gewährt wird. "Zu mir kommen Schutzsuchende, die häufig in einer sehr verzweifelten Situation sind, weil sie schon die Nachricht erhalten haben, dass sie Deutschland verlassen sollen", sagt Cecilia Juretzka vom Verein "Asyl in der Kirche".
"Ich schaue mir das dann an, prüfe, ob rechtlich noch irgendetwas machbar ist, und prüfe dann, ob nicht eventuell eine besondere Härte […] vorliegt. Und wenn das der Fall ist, kann man ein Kirchenasyl erwägen", erklärt die Juristin. Sollte das Kirchenasyl gewährt werden, übernehmen die Kirchengemeinden anschließend die Verantwortung für die Betroffenen, sorgen für ihre Unterbringung und schreiben eine Begründung ans Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, warum es sich um einen besonderen Härtefall handelt, der noch einmal geprüft werden muss.
Auch Abschiebung nach Frankreich kann ein Härtefall sein
Als Beispiel nennt die Juristin den Fall einer jungen Frau, die im Rahmen des EU-Dublin-Verfahrens aus Deutschland nach Frankreich abgeschoben werden sollte, weil sie dort zuerst registriert wurde. "Da kann man natürlich erstmal sagen, Frankreich, wo ist denn da das Problem?" Tatsächlich habe die junge Frau, die über Menschenhändler nach Europa kam, in Frankreich Ausbeutung und sexuellen Missbrauch erfahren und obendrein auch noch eine Krebsdiagnose erhalten.
Nachdem die deutschen Behörden die Frau trotz der fristgerechten Bitte um Aufschub im Notfall auch mit ärztlicher Begleitung abschieben wollten, habe es dann eine Kirchengemeinde gegeben, die gesagt habe, irgendwo ist auch mal Schluss, erzählt Juretzka. "Das ist einfach eine nicht tragbare, mit unseren Werten nicht mehr vereinbare Situation."
Behörden brechen Vereinbarung zum Kirchenasyl
Eigentlich gibt es zwischen den Behörden und den Kirchen dann die Vereinbarung, das Kirchenasyl zu respektieren. Allerdings habe es in den letzten Wochen bundesweit mehrere Brüche dieser Vereinbarung von Seiten der Behörden gegeben, sagt die Juristin. "Es ist noch nicht so ganz klar, was das jetzt bedeutet, ob diese Vereinbarung, das Kirchenasyl zu respektieren, jetzt einseitig aufgekündigt wurde."