100 Sekunden Leben - Bier und EM
Die Fußball-EM im eigenen Land geht los. Unseren Kolumnisten beschäftigt da vor allem eins: Er hat die falsche Kiste Bier gekauft. Und jetzt befürchtet er, in den kommenden Fußballwochen ein Trinkproblem zu bekommen. Von Thomas Hollmann
Das war falsches Timing. Und Timing ist nicht nur beim Fußball wichtig, sondern auch beim Fußballgucken. Jedenfalls habe ich eine Kiste Bier mit 0,3-Liter-Flaschen gekauft. Wobei ich all die Jahre dachte, 0,3-Liter-Flaschen gibt es nur im 6er-Träger. Für Leute, die auch Bananen einzeln kaufen. Ich meine, 33 Zentiliter, das ist wirklich wenig. Deshalb habe ich die kleinen Flaschen ja auch gekauft. Damit ich nicht immer gleich einen halben Liter weghauen muss. Man soll ja weniger Alkohol trinken. Allerdings ist jetzt Europameisterschaft, und das dürfte mir schwerfallen, 0,3 Liter auf zwei Halbzeiten zu verteilen.
Ich habe schon überlegt, während der EM ganz auf Bier zu verzichten. Aber das ist wahrscheinlich zu protestantisch gedacht. Die Katholiken sind da jedenfalls weniger kategorisch. Die fasten zwar auch, aber erst, wenn Karneval vorbei ist. So gesehen könnte ich jetzt noch schnell eine richtige Kiste Bier kaufen und meine 0,3 Liter-Diät auf später verschieben.
Das Bier kam erst später
Bliebe die grundsätzliche Frage, warum ich beim Fußballgucken Bier trinke - und keinen Fencheltee? Vielleicht handelt es sich ja um eine frühkindliche Prägung - wie bei McDonald’s? Wer dort seine Geburtstage gefeiert hat, denkt auch mit 50 noch, das tollste Geschenk sind Chicken Nuggets.
Aber als Kind gab‘s Kakao zum Länderspiel gucken. Das Bier kam erst später. Als ich begriff, dass man beim Fußballgucken eh die Kontrolle verliert. Man ist ja so abhängig von der eigenen Mannschaft. Gewinnt die, ist man glücklich. Verliert die, kriegt man Depressionen. Und da hilft einem Fencheltee auch nicht weiter.
Eine zusätzliche Kiste Bier kaufe ich trotzdem nicht. Denn mir ist eingefallen: Nach der ersten 0,3-Liter-Flasche kann ich ja einfach eine zweite aufmachen.