Bronzeskulptur eines Soldaten der Roten Armee
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Interview - Historiker: Gedenken war schon immer hochpolitisch

Am Mittwoch soll der Schlacht an den Seelower Höhen gedacht werden. Das Auswärtige Amt warnt vor einer möglichen russischen Instrumentalisierung. Historiker Martin Sabrow plädiert für mehr Gelassenheit.

Im April 1945 standen rund eine Millionen Soldaten der Roten Armee etwa 120.000 Wehrmachts-Soldaten gegenüber. Als Zehntausende von ihnen ihr Leben verloren hatten, lag der Weg nach Berlin offen für die Befreier vom Nazi-Regime.

Dieser Schlacht um die Seelower Höhen vor 80 Jahren soll Mittwoch gedacht werden. Allerdings hat das Außenministerium im Vorfeld Kommunen empfohlen, zu derlei Veranstaltungen keine Vertreter Russlands oder aus Belarus einzuladen und sie notfalls sogar wieder auszuladen. Befürchtet wird eine Instrumentalisierung des Gedenken.

Kein Gedenken aus "antiquarischen Gründen"

 

Der Direktor des Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Martin Sabrow, plädiert für einen gelassenen Umgang. Er verweist darauf, dass Gedenken schon immer politisch gewesen sei: "Wir gedenken ja nicht aus antiquarischen Gründen, sondern weil wir eine Absicht damit verbinden", so der Historiker.

Eine Instrumentalisierung finde für Sabrow dann statt, wenn sich ein iligitimer oder überstarker Akteur des Gedenkens bemächtige. Dies könne für Sabrow nur der Staat sein. "Sich dagegen zu wehren, finde ich schon ganz berechtigt", so der Historiker. "Aber ich finde auch, wir sollten eine gewisse Gelassenheit waren", sagt Sabrow weiter.

Auch Gräber und Monumente erinnern

 

Die Anwesenheit russischer Vertreter sei nicht per se problematisch. "Wir haben doch die Anwesenheit der Gräber. Die Anwesenheit der Monumente, der Denkmale, die die Sprache der Sieger sprechen", so Sabrow. Allerdings: Falsch sei es natürlich trotzdem, eine Kontinuität von dieser Vergangenheit hin zur militärischen Auseinandersetzung in der Ukraine zu ziehen. "Wenn wir so tun, als könne man die Befreiungserzählung von 1945 bis nach 2022 und 2025 verlängern, dann täten wir auch einen schlechten Dienst", so Sabrow.

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