Interview - Öffentlicher Dienst: Dritte Verhandlungsrunde in Potsdam
Seit Freitag läuft die dritte Tarifrunde für den öffentlichen Dienst. Die Arbeitgeber hätten noch kein Angebot vorgelegt, weil die Forderungen vielschichtig sind, erklärt Tarifexperte Hagen Lesch.
In vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes laufen gerade bundesweite Warnstreiks: Müllabfuhr, Kitas, Horte, Kliniken, Kommunalverwaltungen und Flughäfen sind betroffen. Wie es mit den Streiks Hintergrund ist ein Tarifstreit zwischen den Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund auf der einen Seite und Bund und Kommunen als Arbeitgeber auf der anderen Seite.
Gewerkschaften fordern mehr Lohn und mehr Freizeit
Seit Freitag wird wieder in der dritten Runde in Potsdam verhandelt und bisher haben die Arbeitgeber noch kein Angebot vorgelegt. "Das liegt natürlich auch daran, dass die Forderungen vielschichtig sind", sagt Hagen Lesch, Tarifexperte am arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
"Wir haben ja nicht nur eine Lohnforderung, sondern auch die Forderung nach mehr freien Tagen", so Lesch. "Das heißt, man muss so eine Art Tauschgeschäft machen. Und da warten natürlich die Arbeitgeber auch auf ein Kompromisssignal der Gewerkschaften. Solange sie das nicht bekommen, sind sie auch nicht bereit, ein Angebot vorzulegen."
Lesch: Öffentliche Leistungen könnten weniger oder teurer werden
Die Gewerkschafen fordern auf der Lohnebene unter anderem acht Prozent mehr Geld, mindestens aber 350 Euro mehr. Durch die Coronakrise und die Energiepreiskrise habe es Reallohnverluste gegeben, sagt der Tarifexperte. Diese seien vergangenes Jahr durch eine nominale Lohnsteigerung im öffentlichen Dienst teilweise ausgeglichen worden, aber eben nicht ganz.
"Und das setzt natürlich die Gewerkschaften unter Druck - sie wollen die Reallohnverluste durch diesen Tarifabschluss ausgleichen", erklärt Lesch. Eine Lohnsteigerung müsse jedoch letztlich aus Steuergeldern oder Schulden bezahlt werden. "Wenn ich höhere Gehälter im öffentlichen Dienst zahle, muss ich an anderer Stelle sparen." Das könne auch zu Kürzungen von öffentlichen Leistungen oder höheren Gebühren für diese Leistungen führen.