Interview - Bauexperte: Mangel an Sozialwohnungen "beschämend"
Laut einer aktuellen Studie werden in Deutschland bis 2030 mindestens zwei Millionen Sozialwohnungen gebraucht. Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, müsse günstiger gebaut werden, sagt der Architekt Dietmar Walberg.
Bundesweit fehlen mehr als eine halbe Million Wohnungen. Besonders groß sei der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, heißt es in einer Studie im Auftrag des Bündnisses Soziales Wohnen. Demnach werden bis 2030 mindestens zwei Millionen Sozialwohnungen gebraucht.
Walberg: Bezahlbares Wohnen braucht günstigeres Bauen
Aktuell gebe in Deutschland noch etwa eine Million Sozialwohnungen, sagt Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE). Dem gegenüber stünden 23 Millionen Haushalte, die berechtigt wären, in einer Sozialwohnung zu leben. "Das ist ein beschämender Faktor", so Walberg.
In den letzten Jahrzehnten sei in Deutschland zu teuer gebaut worden. Dazu komme, dass Förderungen nicht langfristig zur Verfügung stünden, was Planungen über einen längeren Zeitraum hinweg verhindere. Auch die Finanzierungsbedingungen seien durch die wirtschaftliche Situation infolge des Ukraine-Kriegs unberechenbar geworden. "All diese Dinge haben das Erstellen von den notwendigen Anzahlen von bezahlbarem Wohnraum fast unmöglich gemacht", sagt der Architekt.
Material sparen statt immer mehr dämmen
Ein Lösungsansatz ist aus Sicht des Experten der sogenannte Gebäudetyp E. "Das heißt, dass wir uns bei allen Standards [...] auf das Optimum dessen besinnen, was machbar ist", sagt Walberg. So werde zum Beispiel versucht, Baumaterial zu sparen, etwa in dem Wände dünner gebaut werden. Dadurch könne um 25 bis 30 Prozent günstiger gebaut werden.
Das sei auch mit dem Ideal vom klimafreundlichen Bauen vereinbar, betont Walberg, denn es spare Ressourcen. "Weil ich den Aufwand nicht betreibe, diese Steine zu produzieren, zu transportieren, einzubauen - das ist praktizierter Klimaschutz."