Die Wirtschaftsreportage - Gewerkschaftlicher Wohnungsbau: Trotz Krise günstig bauen
Um den Neubau steht es schlecht, Inflation und hohe Zinsen machen ihn nicht profitabel genug. Gewerkschaften zeigten dagegen schon vor 100 Jahren, wie günstiger Wohnungsbau gelingt - trotz Hyperinflation und Börsencrash. Was kann man heute davon lernen? Von Jannis Hartmann
Die Waldsiedlung Zehlendorf, am Rande des Grunewalds: Bricht hier die Sonne durch die Wolken, dann werfen im Wind wiegende Kiefern verspielte Schatten auf die geradlinig-modernistischen Fassaden. Seit vergangenem Dezember ist die Siedlung offiziell für das UNESCO Welterbe vorgeschlagen. Die besondere Verbindung von Stadt und Natur spielt dabei eine nur untergeordnete Rolle.
Errichtet wurde die Siedlung von der gewerkschaftlichen GEHAG. Sechs Siedlungen der GEHAG haben diesen Titel schon. Das UNESCO-Gremium lobte den wegweisenden, sozialen Anspruch und die architektonischen Standards, die den sozialen Wohnungsbau fortan prägen sollten.
Mit der GEHAG hatten Gewerkschaften mehr als 10 000 bezahlbare Wohnungen im Berlin der Weimarer Republik errichtet. Dass das zwischen Hyperinflation und Börsencrash funktioniert hat, ist beachtlich – schaut die Politik momentan doch vergleichsweise ratlos dabei zu, wie sich Wohnungsbauunternehmen Jahr für Jahr beim Neubau unterbieten.
Inflation und hohe Zinsen machen das Bauen nicht profitabel genug. Der börsennotierte Wohnungsriese Vonovia hat seine Neubau-Investitionen quasi eingestellt – und das alles während nach Schätzungen des Petsel Instituts über 900 000 Sozialwohnungen in Deutschland fehlen.
Sollten den Wohnungsbau also wieder Gewerkschaften in die Hand nehmen? Schließlich will auch SPD-Bundesbauministerin Klara Geywitz eine Neuauflage der Wohngemeinnützigkeit, die den gewerkschaftlichen Wohnungsbau von Steuern befreien würde. Was lässt sich von ihrem Wohnungsbau lernen?