Interview - Gedenkstätten-Leiter: Unwissen und Leugnung müssen uns Sorge machen
Auch in Brandenburgs Gedenkstätten wird an die Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren erinnert. Axel Drecoll von der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten erklärt, was geplant ist - und warum niemand von der AfD eingeladen wurde.
Vor 80 Jahren, am 27. Januar 1945, erreichten Einheiten der Sowjetarmee das Vernichtungslager der Nazis in Auschwitz/Birkenau. Sie befreiten Menschen, die das unbeschreibliche Grauen überlebt hatten. Die zentrale Veranstaltung der Länder Brandenburg und Berlin zum Gedenken an die Ermordeten wird in der Gedenkstätte Sachsenhausen stattfinden - womöglich zum letzten mal mit Zeitzeugen.
Axel Drecoll ist Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und leitet die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen. Er erklärt, wie dennoch künftig erinnert werden kann: "Die persönliche Begegnung ist durch nichts zu ersetzen. […] Die zweite Dimension ist aber, dieses Thema […] durch Ausstellungen, durch pädagogische Programme, durch Vorträge […] an die Frau und an den Mann zu bringen - und ich glaube, das gelingt uns insgesamt doch auch recht gut." Doch ohne Frage werde sich durch das Fehlen von Überlebenden etwas ändern.
Drecoll: Abstreiten des Holocausts ist brandgefährlich
Eine Umfrage aus dem Jahr 2023 hat gezeigt, dass es gerade bei jungen Menschen ein erschreckendes Nichtwissen über den Holocaust gibt. Diese Frage beschäftigt auch Drecoll: "Das muss uns selbstverständlich Sorge bereiten. […] Da müssen wir ran, da müssen wir vor allem mit den anderen Bildungsträgerinnen und -trägern reden."
Was ihm aber noch mehr Sorge bereitet, ist die steigende Zahl von Bezweiflern und Leugnern des Holocausts: "Wenn es darum geht, den Holocaust abzustreiten, dann ist das brandgefährlich, gerade bei jungen Leuten – und das sollten wir vor allem mit großer Sorge beobachten."
Opfergruppen wollen keine Beteiligung der AfD
Die Stiftung hat bewusst keine Vertreter der AfD zur Gedenkveranstaltung eingeladen. Der Stiftungsleiter erklärt, warum: "Viele Protagonistinnen und Protagonisten – und das tritt ja wiederholt auf -, vertreten ein Geschichtsbild, das unseren Vermittlungsbemühungen zum Teil diametral entgegengesetzt ist."
Damit müsse man sich zwar kritisch auseinandersetzen und in die Diskussion gehen, so Drecoll, "aber in einer Gedenkveranstaltung geht es ja um ein würdevolles Gedenken an die Opfer, so dass wir das nicht wollen […] - aber vor allem auch die Opfergruppen wollen das nicht, denn sie sagen: Mit solchen Äußerungen kann man ja nicht gleichzeitig an einer Gedenkveranstaltung, wenn man Funktionsträgerin oder -träger dieser Partei ist."