Interview - Arbeitsmarktforscher: Syrer arbeiten in systemrelevanten Berufen
Was würde es bedeuten, wenn viele Syrierinnen und Syrier nach dem Sturz Assads Deutschland verlassen? Das würde man "schmerzhaft spüren", sagt Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker. Gerade im Gesundheitswesen könnte es Probleme geben.
62 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Syrerinnen und Syrer sind in systemrelevanten Berufen tätig. Das zeigen aktuelle Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Zu den systemrelevanten Bereichen gehören beispielsweise das Gesundheitswesen, der Bereich Transport und Logistik oder die Nahrungsmittelproduktion. Sollten viele der nach Deutschland geflüchteten Menschen angesichts des Umsturzes in Syrien dorthin zurückkehren, könnte es aus Sicht der Experten Probleme geben.
IAB-Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker sieht einen möglichen Mangel vor allem im Gesundheitswesen. Rund ein Prozent der Beschäftigten dort kommen laut den Daten seines Instituts aus Syrien. Das klinge zunächst nicht viel, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen würde man das aber "schmerzhaft spüren". Das Problem sei vor allem, dass nicht ohne Weiteres Beschäftigte nachkommen würden.
Brücker: "Ein gewisser Anteil wird zurückgehen"
Noch gebe es keine aktuellen Zahlen dazu, wie viele Syrierinnen und Syrer tatsächlich nach dem Sturz des Assad-Regimes in ihr Heimatland zurückkehren wollen. Die Forschung zeige aber, dass Menschen, die lange in einem Land leben, eher bleiben wollen. Da viele schon seit fast zehn Jahren in Deutschland sind, erwartet Brücker nicht, dass viele nach Syrien ziehen. "Aber ein gewisser Anteil wird zurückgehen."
Eine Erkenntnis der Migrationsforschung sei, dass die Rückkehrwahrscheinlichkeit steige, wenn die Menschen die Möglichkeit haben, wieder nach Deutschland zu kommen. "Das heißt, wir müssen im Prinzip ein flexibles Recht schaffen." Das würde die Menschen nicht so unter Druck setzen und am Ende auch dem Wiederaufbau in Syrien helfen, sagt der Forscher.