Interview - Barley (SPD): EU muss mehr Druck auf Orbán ausüben
Die EU-Kommission hat beschlossen, Ungarns Ratspräsidentschaft zu boykottieren. Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin im EU-Parlament, unterstützt den Schritt. Die EU sei lange zu zögerlich gegenüber Ungarns Präsident Orbán gewesen.
Am Dienstag hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beschlossen, dass keine Kommissare an Ministertreffen in Ungarn teilnehmen werden. Zuvor hatten schon Litauen und Schweden grundsätzlich ausgeschlossen, Einladungen nach Ungarn anzunehmen, solange Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Hintergrund sind die Reisen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán nach Russland, China und in die USA.
Die Vizepräsidentin des europäischen Parlaments, Katarina Barley (SPD) unterstützt die Entscheidung der Kommission. "Kein rotierender Ratspräsident darf sich anmaßen, für die EU zu sprechen, ohne mit den anderen Staaten darüber gesprochen zu haben."
Barley: Kommission war lange zu zögerlich
Einige Mitglieder des Europa-Parlaments schlagen vor, Ungarn die Ratspräsidentschaft zu entziehen. Dafür brauchen Sie die Zustimmung von 20 der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Es wäre das erste Mal in der Geschichte. Vorerst werde es wohl bei den jetzigen Maßnahmen bleiben, schätzt Barley. "Aber man weiß bei Orbán ja nie, was er noch tun wird - da ist noch Eskalationspotential." Falls sich der ungarische Präsident weitere Provokationen leiste, sei eine vorzeitige Beendigung der Ratspräsidentschaft denkbar.
Aus Sicht der SPD-Politikerin muss die EU auch wieder mehr finanziellen Druck auf Ungarn ausüben. "Lange Zeit war die Kommission viel zu zögerlich gegenüber Ungarn - das rächt sich jetzt", sagt Barley. Orbán habe das Gefühl, sich alles erlauben zu können. "Das geht nicht."