Interview - Kujat: Nato-Gipfel für Ukraine "sehr unbefriedigend"
Künftig werden von Deutschland aus Waffenlieferungen und Ausbildungen für das ukrainische Militär koordiniert. Das ist einer der Beschlüsse beim Nato-Gipfel. Ex-Nato-General Harald Kujat sagt, die Verantwortung werde damit auf die Europäer verlagert.
Von Wiesbaden aus will die Nato in Zukunft das Kommando für ihre Ukraine-Unterstützung führen. Das sei sehr wichtig, sagt Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr und früherer Vorsitzender des Nato-Militärausschusses. Es sei allerdings nur eine Verlagerung der Verantwortung auf die Europäer, betont er. "Es ist damit in gewisser Weise auch ein Schritt hin zur Europäisierung."
Die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten wurde bislang federführend von den Vereinigten Staaten wahrgenommen. Diese hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte in Wiesbaden eine Einheit aufgebaut. Das neue Nato-Koordinierungszentrum unterstehe aber auch dem US-General Christopher Cavoli, so Kujat. "Insofern bleiben die Fäden in amerikanischer Hand, aber die Verantwortung geht auf die Europäer über."
Kujat: Luftabwehr für Ukraine ein riesiges Problem
Für die Ukraine noch viel wichtiger als das neue Koordinierungszentrum seien die Maßnahmen, die beim Nato-Gipfel in Washington beschlossen wurden: "Nämlich die fortlaufende Unterstützung der Ukraine, beispielsweise mit den F16-Flugzeugen. (...) Aber vor allen Dingen auch die Bereitschaft, mehr Luftabwehrsysteme zu liefern, denn das ist für die Ukraine ein riesiges Problem."
Insgesamt könne das Ergebnis des Gipfels aus Sicht der Ukraine aber nur gemischt bewertet werden. Bereits im vergangenen Jahr habe das Land gefordert, dass eine konkrete Einladung in die Nato erfolgt - auch in diesem Jahr habe man das natürlich erwartet. Bislang sei aber nicht erkennbar, dass alle Mitgliedstaaten einem Beitritt zustimmen würden. "Aus der Sicht der Ukraine muss das sehr unbefriedigend sein. Und eigentlich müsste man offen und ehrlich gegenüber der Ukraine auftreten und ihr sagen, dass sie eben für die vorhersehbare Zukunft nicht Mitglied der Nato werden kann."