Symbolbild: Lutherstadt Wittenberg
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Interview - Ramelow (Linke) fordert mehr Wertschätzung für Ostdeutschland

In Wittenberg treffen sich die ostdeutschen Ministerpräsidenten mit dem Kanzler. Thüringens Bodo Ramelow (Linke) beklagt eine "Herablassung gegenüber Ostdeutschland" und sieht eine Lösung in Artikel 146 des Grundgesetzes.

Für den Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow (Linke), braucht es mehr gesamtdeutsche Aufmerksamkeit und Wertschätzung für Ostdeutschland. Es gebe eine gewisse Herablassung, emotional gehe die Einheit auseinander - das mache ihm Sorgen, so Ramelow.

Ostdeutschland außen vor gelassen

 

Es fehle das Gefühl, "dass das, was die Ostdeutschen mit einbringen in Gesamtdeutschland, etwas Wichtiges ist – und das ist mehr als grüner Pfeil und Sandmännchen", sagt Ramelow vor der Konferenz der ostdeutschen Regierungschefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er kritisiert, dass Ostdeutschland zum Beispiel nicht in der Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform vertreten war. Dabei hätte man die Erfahrungen mit dem Modell der Gemeindeschwester beisteuern können.

"Das heißt, man stellt uns jedes Mal außen vor die Tür und schimpft dann über uns", so Ramelow. Diese Leerstelle fülle die AfD. Er äußerte in diesem Zusammenhang Verständnis für die Aussage des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), zum Erstarken der AfD bei der Europawahl.

Starkes Wirtschaftsgebiet - aber Gefühl von Verlierern

 

Wirtschaftlich stünden die ostdeutschen Bundesländer stark da: "Wenn wir uns die europäische Einigung angucken, dann sehen wir, dass Ostdeutschland, wenn es ein eigenes Wirtschaftsgebiet wäre, deutlich im oberen Drittel aller europäischen Staaten liegen würde. Aber unsere Wahrnehmung ist, dass wir die Verlierer sind. Tatsächlich sind wir ein starkes Stück Deutschland."

Grundgesetz in Verfassung verankern - "Schwurblern" etwas entgegensetzen

 

Einen Lösungsansatz sieht Ramelow im Grundgesetz: Man sollte eine ernsthafte Debatte über Artikel 146 unseres Grundgesetzes führen. Darin geht es um die Möglichkeit einer Volksabstimmung nach der Einheit, um das Grundgesetz in der Verfassung zu verankern. "Wenn diese Verfassung so stark ist, dann muss man nicht die Angst vor dem Volk haben. Dann würden wir tatsächlich den Reichsbürgern, den Schwurblern und den Hetzern das Wasser von den Mühlen nehmen."

Gleichzeitig könne man sich Artikel 139 angucken, schlägt Ramelow vor. Die antifaschistische Klausel könne man mit einer Formulierung füllen: "Tendenzen zum Faschismus und zum Nationalsozialismus sind verfassungsmäßig zu bekämpfen". Dann hätten wir "ein starkes Stück Gesamtdeutschland", meint Ramelow.

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