Interview - Sicherheitsexperte: Auf konventionelle Abschreckung setzen
Die Nato feiert ihr 75. Jubiläum – unter schwierigen Umständen. In den USA stellt Präsidentschaftskandidat Donald Trump die Zusammenarbeit immer wieder in Frage. Sicherheitsexperte Nico Lange sagt: Diskussionen über europäische Atomwaffen gehören trotzdem nicht in die Öffentlichkeit.
Am Donnerstag jährt sich die Gründung der Nato zum 75. Mal. Doch während im Osten Europas der Krieg herrscht, stellt Donald Trump eine zukünftige Zusammenarbeit in Frage - sollte er Präsident werden. Mittlerweile fordern manche gar eigene Atomwaffen für Europa.
Sicherheitsexperte Nico Lange, Senior Fellow der sogenannten Zeitenwendeinitiative bei der Münchner Sicherheitskonferenz, sieht solche Diskussionen kritisch. "Das Thema nukleare Abschreckung ist aus meiner Sicht ungeeignet, um darüber breite öffentliche Debatten zu führen", so Lange.
Besser vertraulich sprechen
Er sehe zwar, dass die gegenwärtige Situation Sicherheitsfragen aufwerfe. Allerdings sollte man mit den europäischen Atommächten Frankreich und Großbritannien lieber im Vertrauen sprechen. "Abschreckung hat ja etwas mit Kommunikation zu tun", sagt Lange. So würden die Briten grundsätzlich nicht über potenzielle Gründe für den Einsatz ihrer Atomwaffen sprechen. "Das hat eine Abschreckung durch die Ambiguität, die entsteht'", so der Sicherheitsexperte.
Konventionelle Abschreckung entscheidend
Es sei richtig, dass Europa über seine eigene Sicherheit spreche, allerdings solle man die Frage nach dem Handlungsbedarf nicht auf die nukleare Abschreckung verkürzen: "Der russische Angriff auf die Ukraine ist ein konventioneller Angriff. Und da ist die Frage der konventionellen Abschreckung entscheidend", sagt Lange. Das bedeute: an der Ostflanke stationierte Truppen und eine funktionierende Raketenabwehr. "Aber da sehe ich den größten Handlungsbedarf", so der Sicherheitsexperte.