Ein Mann mit einem blauen Shirt, auf dem "Identitäre Bewegung" steht, steht auf einer Demonstration in Sachsen-Anhalt. (Bild: picture alliance / ZUMAPRESS / Sachelle Babbar)
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Interview - Rechtsextremismusforscher: Identitäre schon immer im AfD-Milieu unterwegs

Bei einem rechten Geheimtreffen mit der AfD ging es um Ausweisungen von Menschen aus Deutschland. Mittlerweile sei nur noch die Frage, wie verfassungswidrig die AfD sei, sagt der Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch - und welchen "Spielraum" sie bekomme, um ihre Ziele umzusetzen.

Die rechtsextreme Identitäre Bewegung ist nach Auffassung von Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch schon lange im Milieu der AfD unterwegs und existiert in Deutschland kaum noch. "Im Prinzip gibt es keine Identitäre Bewegung mehr", sagt Botsch nach den Enthüllungen zu einem Geheimtreffen der AfD mit dem Österreicher Martin Sellner von der Identitären Bewegung. Bei dem Treffen soll es um "Remigration" gegangen sein - ein rechtes Konzept zur Rückführung von Zugewanderten.

Forscher: Identitäre in den Fluren der AfD-Fraktion

 

Identitäre sei ein Label, das nur gelegentlich weitergeführt werde, sagt Botsch. Größtenteils sei es in Deutschland überführt worden in das Umfeld der AfD. "Wenn wir gucken, was Identitäre Aktivisten heute tun und wo das Identitäre Gedankengut sich heute findet, dann müssen wir in die Flure der Parlamente gucken, in die Flure der AfD-Fraktion."

Wie viel Spielraum für mögliche verfassungswidrige Ziele?

 

Gideon Botsch arbeitet am Moses-Mendelsohn-Zentrum in Potsdam und leitet dort die Emil-Julius-Gumbel-Forschungsstelle zu Antisemitismus und Rechtsextremismus. Solche Treffen wie jenes mit der rechten Szene zeigten, wie "gefährlich für die Demokratie" die AfD sei, so Botsch. Es gehe mittlerweile konkret darum, wie verfassungswidrig die AfD sei und welchen "Spielraum" sie bekomme, um ihre Ziele umzusetzen. Mit jedem Spitzenamt - auch in der kommunalen Politik - habe sie die Möglichkeit dazu. Das verschärfe den Blick auf die Kommunalwahlen etwa in Brandenburg.

Hintergrund

Correctiv-Chefredakteur sieht Treffen von AfD und Rechtsradikalen problematisch

Bei einem Treffen sollen Rechtsextreme und AfD-Politiker über eine massenhafte Ausweisung von Menschen aus Deutschland beraten haben.

Das haben Recherchen des Netzwerks Correctiv ergeben. Der Chefredakteur des Netzwerks, Justus von Daniels, sagte am Mittwoch im rbb24 Inforadio, die Pläne umfassten nicht nur Ausländer, sondern auch deutsche Staatsbürger, die nicht in ein völkisches Weltbild passen.

Die Vernetzung von AfD-Politikern und Rechtsradikalen sei höchst problematisch, so von Daniels. Sollte diese systematisch sein, stelle sich die Frage, ob die Partei auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Dann könne auch die Bundespartei zum Verdachtsfall für den Verfassungsschutz werden.

Im Hinblick auf ein mögliches Verbotsverfahren sei es nun interessant, wie sich der Bundesvorstand der AfD dazu verhalte, so von Daniels. Die AfD erklärte inzwischen, das Treffen in einem Hotel in der Nähe von Potsdam sei kein Parteitermin gewesen.

An dem Treffen haben laut Correctiv unter anderem der Sprecher der Brandenburger AfD-Fraktion, Tim Krause, und der persönliche Referent von Co-Parteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig, teilgenommen. Den Recherchen zufolge hat ein Österreicher der rechtsextremen Identitären Bewegung Martin Sellner dabei ein Konzept zur "Remigration" vorgestellt.

Auch auf rbb24inforadio.de

Teilnehmer einer Demonstration der Bewegung Pegida tragen Banner der AfD mit der Aufschrift "Asyl-Lüge beenden! Remigration jetzt!".
picture alliance/dpa | Robert Michael

Interview - Correctiv-Recherche "Geheimplan gegen Deutschland"

In einem Hotel in Potsdam soll es nach Recherchen des Netzwerks Correctiv ein geheimes Treffen gegeben haben, bei dem es um eine massenhafte Ausweisung von Menschen aus Deutschland ging. Was dort besprochen wurde und warum jetzt auch die AfD im Fokus steht, berichtet Correctiv-Chefredakteur Justus von Daniels.

Demonstranten der identitären Bewegung mit Bannern und Transparent auf dem steht "Remigration, Multikulti ist gescheitert" (Bild: IMAGO / Deutzmann)
IMAGO / Deutzmann

Newsjunkies - Geheimtreffen in Potsdam: AfD-Politiker diskutieren offenbar massenhafte Vertreibungen

In einer Villa bei Potsdam haben sich im November offenbar rechtsextreme Aktivisten, AfD-Politiker und Unternehmer getroffen und über Pläne für die millionenfache Vertreibung von Menschen aus Deutschland gesprochen. Das berichtet das Recherchenetzwerk CORRECTIV. Warum die Villa am Lehnitzsee bei Potsdam offenbar ein Hotspot für rechte Vernetzung ist und wie weit die Pläne des Geheimtreffens gingen, erklären Martin Spiller und Bruno Dietel.