Interview - Politologe: Wagenknecht-Bündnis zieht Protestwähler an
Anfang 2024 will Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei gründen. Laut dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend könnten sich derzeit 29 Prozent der Deutschen vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Der Politikwissenschafter Jan Philipp Thomeczek deutet das vor allem als Protest gegen die Bundesregierung.
Knapp ein Drittel der Deutschen kann sich vorstellen, einer Partei unter der Führung von Sahra Wagenknecht ihre Stimme zu geben. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle ARD-Deutschlandtrend. Anfang kommenden Jahres will die ehemalige Linken-Politikerin ihre eigene Partei gründen.
Für Jan Philipp Thomeczek, Politikwissenschaftler an der Universität Potsdam, zieht das Bündnis Sahra Wagenknecht vor allem Protestwähler an. Das hätten auch die Antworten im ARD-DeutschlandTrend gezeigt. Die Leute seien unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung, erklärt Thomeczek. "Und innerhalb der Opposition kann die CDU diese Protestnote nicht mehr richtig aufnehmen, weil sie sehr lange regiert hat. Dann bleibt nur noch die AfD übrig und die ist auch nicht für jeden was."
Fundamentalopposition oder schneller Weg an die Macht?
Vor allem die AfD müsse sich jetzt große Sorgen machen, dass ihr Wählerinnen und Wähler abwandern. "Da ist viel zu holen für die Wagenknecht-Partei, bei der Linken auch, […] aber das sind natürlich aktuell nicht mehr besonders viele Leute", so der Politologe.
Inhaltlich zeige sich das Wagenknecht-Bündnis in seinem Gründungsmanifest bisher überraschend wenig radikal, findet Thomeczek. Deutlich spannender sei, wie sich eine mögliche Wagenknecht-Partei auf kommende Wahlergebnisse auswirke. "Nächstes Jahr wird in Thüringen gewählt, da gibt es sowieso schon schwierige Mehrheitsverhältnisse. Und das wird nicht unbedingt einfacher mit einer Sahra-Wagenknecht-Partei, die noch dazukommt."
Die große Frage sei hier, wie sich die Wagenknecht-Partei im politischen System verhalte, sagt der Politikwissenschaftler. "Ob sie erstmal Fundamentalopposition macht, oder ob sie dann relativ schnell versuchen wird, an die Macht zu kommen."