Interview - Politologe Vormann zur McCarthy-Abwahl: Tiefe Krise ohne Ausweg
Nach einer in den USA bisher einzigartigen parteiinternen Revolte ist der Republikaner Kevin McCarthy als Sprecher des Repräsentantenhauses abgesetzt worden. Die Kongresskammer ist damit handlungsunfähig. Der Politologe Boris Vormann sieht die USA in einer tiefen demokratischen Krise.
Zum ersten Mal in der Geschichte der USA ist in der Nacht zum Mittwoch mit Kevin McCarthy ein Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses durch ein Parlamentsvotum von seinem Amt abgewählt worden. Der Vorsitz des Repräsentantenhauses gilt in den USA nach dem Präsidenten und dessen Vize als drittwichtigster Posten.
Damit sei das Repräsentantenhaus stillgelegt und vorerst handlungsunfähig, erklärt Boris Vormann, Politologe am Bard College in Berlin. Bis zur Wahl eines neuen Sprechers können keine politischen Entscheidungen mehr im Repräsentantenhaus abgestimmt werden.
Finanzierung der Regierungsgeschäfte auf der Kippe
Vor allem die Anhebung des Schuldendeckels zur Finanzierung der Regierungsgeschäfte steht damit auf der Kippe, warnt Vormann. "Das steht jetzt schon Mitte November an und wenn man das nicht schafft, dann müssen einige Sachen stillgelegt werden." Das könnte sich auch auf die weitere Unterstützung der USA für die Ukraine auswirken, prognostiziert der Politikwissenschaftler.
Vorerst wisse keiner im politischen Washington genau, wie es weitergehen soll. "Das ist jetzt vor allem Chaos, das da entsteht", sagt Vormann. Auch bei den Republikanern sieht der Politologe noch keine richtige Folgestrategie. "Man ist in einer tiefen Krise der Demokratie und einen einfachen Weg da hinaus gibt es, glaube ich, nicht."