Interview - Marokko: "Viele der Dörfer sind fast dem Erdboden gleichgemacht"
Fast 3000 Menschen wurden bei dem schweren Erdbeben in Marokko getötet, Tausende weitere verletzt. Laut WHO sind mehr als 300 000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten von dem Unglück betroffen. Katharina Ebel von SOS-Kinderdörfer sagt, sie bräuchten aktuell das Notwendigste zum Überleben.
Auch eine Woche nach dem schweren Erdbeben in Marokko sind noch viele Menschen auf Unterstützung angewiesen. Aktuell bräuchten sie das Notwendigste zum Überleben wie Wasser, Nahrungsmittel, medizinische Versorgung und Zelte, sagt Katharina Ebel, Expertin für humanitäre Hilfe bei SOS-Kinderdörfer weltweit. Demnächst brauche es für die Betroffenen auch psychologische Unterstützung, da viele traumatisiert seien.
Nach der Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300 000 Menschen in Marrakesch und den umliegenden Gebieten von den Folgen des Erdbebens betroffen. "Viele der Dörfer sind teilweise fast dem Erdboden gleichgemacht", beschreibt Ebel die Situation vor Ort. Die Häuser dort seien meist nicht mit Stahl oder Holz verstärkt, sondern aus Lehm gebaut. "Das heißt, das Erdbeben konnte da ziemlich frei wüten. Und das Unglückliche war eben, dass das Epizentrum eben genau in diesen Bereichen war, wo es eben auch keine medizinische Versorgung gibt."
Ebel: Marokko ist gut aufgestellt beim Katastrophenschutz
Bisher hat Marokko weitgehend versucht, die Katastrophenhilfe mit eigenen Mitteln zu bewältigen, steht aber zunehmend unter Druck, mehr internationale Unterstützung anzunehmen. Expertin Ebel findet die Zurückhaltung allerdings verständlich. Sie gibt zu bedenken, Horden von Hilfskräften aus dem Ausland würden für zusätzlichen Koordinierungsaufwand sorgen. Marokko sei gut aufgestellt beim Katastrophenschutz.
SOS-Kinderdörfer arbeite mit einem lokalen Team, das die Begebenheiten vor Ort schon seit über 30 Jahren kenne. Die Organisation bereitet die Aufnahme von 32 Waisenkindern vor. Man versuche weiterhin, ihre Verwandten aufzuspüren, sagt Ebel. "Sollten wir damit erfolgreich sein, werden wir natürlich versuchen, sie dort unterzubringen. Wenn das nicht funktioniert, dann haben sie ein langfristiges Zuhause bei uns im Kinderdorf."