Die Oder in Kostrzyn in Polen
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Interview - Fischökologe: Salzgehalt in der Oder ist unverändert hoch

Ein Jahr nach der Umweltkatastrophe in der Oder fehlen in dem Fluss Analysen zufolge mehr als die Hälfte der Fische. Laut Süßwasserexperte Christian Wolter gab es im Frühjahr zwar gute Laichbedingungen und viele Jungfische. Aber der Salzgehalt im Fluss sei immer noch zu hoch.

Der Fischbestand in der Oder hat sich nach dem massenhaften Sterben wegen einer Brackwasseralge im vergangenen Jahr noch nicht erholt. "Aber was wir im Frühjahr beobachten konnten: Die Fische hatten dieses Jahr extrem gute Laichbedingungen und Brutaufwachsbedingungen", sagt Christian Wolter, Süßwasserexperte und Fischökologe am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin-Friedrichshagen.

Deswegen sei eine schnelle Erholung durchaus möglich. "Es gab sehr viele Jungfische - aber es darf nun natürlich nicht wieder passieren." Denn der Salzgehalt im Wasser der Oder sei unverändert hoch, meint Wolter.

Wolter: Wassereinleitung an Durchfluss anpassen


"Wir haben den Salzgehalt als die einzige unmittelbare Ursache ausgemacht, dass diese Brackwasseralge in der Oder gedeihen, eine Blüte und Gift bilden konnte", erklärt der Experte. "Daher ist für uns natürlich entscheidend, dass man den Salzgehalt möglichst reduziert, um dieser Art die Lebensbedingungen zu entziehen."

Für Unternehmen, die Wasser in den Fluss leiten, gibt es laut Wolter eine Reihe von technischen Möglichkeiten, es vorher zu entsalzen. Außerdem müsse man den Durchfluss der Oder berücksichtigen. "Wenn niedrige Durchflüsse sind, sollte entsprechend weniger eingeleitet werden", sagt der Süßwasserexperte. "Aber natürlich ist jedes Aufbewahren und jede Behandlung des Wassers teurer als es einfach so in die Oder zu kippen."

Filtration des Wassers: Muscheln fehlen


Wegen des hohen Salzgehalts bestehe eine latente Gefahr, dass es wieder zu einer Algenblüte und dann auch einem Fischsterben kommen könnte, meint Wolter. Allerdings gebe es aktuell im Wasser noch nicht übermäßig viele Algen.

Ein weiteres Problem sei, dass im Sommer 2022 neben den Fischen auch ein Großteil der Muscheln starb. "Die Muscheln filtrieren normalerweise organisches Material aus dem Wasser raus, unter anderem Algen", erklärt der Experte. "Und die fehlen jetzt natürlich, um das Wasser zu reinigen."

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