
- Was macht eigentlich... Yannis Varoufakis?
Als er noch im Amt als griechischer Finanzminister war, bestimmte sein Ringen mit den EU-Finanzministern über Monate die Schlagzeilen. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung kämpft Gianis Varoufakis um die Deutungshoheit - und schmiedet an einem Bündnis gegen die Finanzpolitik der Eurozone.
Hier ist er ein Polit-Superstar. "Er hat der Troika die Stirn geboten", verkündet die Moderatorin mit überschlagender Stimme, bevor sie von Sprechchören unterbrochen wird.
"Résistance!", skandieren die Zuhörer - "Widerstand!". Das Zelt der französischen Linkspartei im Pariser Vorort La Courneuve ist rappelvoll, trotz Regens drängt sich auch davor eine Menschentraube, um den Worten von Yanis Varoufakis zu lauschen. Als der ehemalige griechische Finanzminister am Samstag ans Podium tritt, hebt er die geballte Faust. "So habe ich mich seit der Nacht des 3. Juli nicht mehr gefühlt", sagt er.
Damals demonstrierten Zehntausende Griechen auf dem Athener Syntagma-Platz. Zwei Tage später stimmten sie gegen die Sparpläne der EU-Finanzminister, am Morgen danach trat Varoufakis zurück. Ein Abgang mit Knalleffekt - "Minister no more", schrieb er selbst.
Posterboy eines anderen Wegs
Und seitdem? In Griechenland, das nach seinem Abgang eine Kehrtwende hinlegte und schließlich doch einer Einigung mit Brüssel zustimmte, macht Varoufakis nach seiner Entlassung keine großen Schlagzeilen mehr.
Für einen Teil der europäischen Linke aber ist der 54-Jährige der Posterboy eines anderen Wegs, ein Märtyrer des Widerstands gegen das, was sie für ein schädliches Spardiktat halten.
Eine Last für den Wahlkampf
In der Syriza-Partei des Ex-Ministerpräsidenten Alexis Tsipras redet man derweil nicht gerne über den früheren Shooting-Star der Regierung. Er, der Spieltheoretiker, gilt als Last für den Wahlkampf der Linkspartei. Tsipras hat sich wiederholt entschuldigt für seine "Fehler und die falschen Personalentscheidungen" der sieben Monate seiner Amtszeit. Jeder in Griechenland versteht: Damit ist auch Varoufakis gemeint.
Varoufakis, der "Mann mit dem großen Ego", wie ihn die griechische Boulevardpresse nennt, sagt jetzt bei jeder Gelegenheit, das Hilfsprogramm werde nicht klappen, es sei zu hart und daher nicht umsetzbar, egal wer das Land führt. Kandidieren wollte er für die anstehenden Wahlen am 20. September nicht.
Dafür tourt er durch Europa. Varoufakis deutete mehrfach an, er werde eine neue Bewegung für die Wende zu einer anderen Politik auf europäischer Ebene gründen. Bei Paris warb er am Samstag für einen Gipfel, bei dem es um einen europäischen Plan B gehen müsse - gemeinsam mit dem früheren deutschen Linke-Chef Oskar Lafontaine und dem Franzosen Jean-Luc Mélenchon.
Jetzt will er Europa retten
Als Redner jedenfalls begeistert Varoufakis nach wie vor. "Der Athener Frühling ist in Athen gestartet, aber keine humanistische Rebellion gegen die Autokratie kann Erfolg haben, bis
sie in den Straßen von Paris Widerhall findet", rief er den französischen Linken zu deren großen Gefallen zu.
Welche Rolle Varoufakis anstrebt, muss sich noch zeigen. Klar ist aber auch, dass ihn das umstrittene Erbe seiner Zeit als Minister weiter begleiten wird. In sarkastischen Kommentaren im griechischen Rundfunk hieß es: "Er hat Griechenland - beinahe - gerettet. Jetzt will er auch Europa retten."
"Beinahe" - muss man wohl hinzufügen.
(mit Material von dpa)