- Kontra Direktwahl

Inforadio-Nachrichtenredakteurin Sabine Roth ist gegen eine Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters durch die Berliner. Denn was passiert, wenn beispielsweise SPD und Linke eine Koalition bildeten, und das Berliner Volk dann den Spitzenkandidaten der CDU zum Regierenden küren würde?

Auf den ersten Blick ist die Idee ja charmant – den Regierenden direkt zu wählen. ICH  bestimme, wer Chef oder Chefin wird. Yep. Ich und ca 2,5 Millionen weitere Berliner. Moment mal. Da liegt ja schon die erste Tücke. Was ist, wenn die alle zuhause bleiben? Oder fast alle? Dann wird vielleicht ein Yogiflieger von der Naturgesetzpartei Regierender Bürgermeister. Oder einer von der Anarchistischen Pogo-Partei. Wollen wir das riskieren?

Ich finde nein.

Es hat schon seinen Sinn, dass der Ministerpräsident eines Bundeslandes, also auch Berlins Regierender, vom Parlament gewählt wird. Entsprechend der Mehrheit, die die Wähler bestimmt haben. Wenn alles klar ist, kann der oder diejenige dann das Kabinett zusammenstellen. Allein oder in einer Koalition, wobei ja nicht unbedingt die stärkste Partei an die Macht kommen muss. Entscheidend sind die Mehrheiten im Parlament, die eine Regierung zustande bringen und entscheidungsfähig machen. Und genau da kommen wir zum größten Knackpunkt in der Frage: sollte ein Regierungschef direkt gewählt werden? Was passiert, wenn z.B. SPD und Linke eine Koalition bilden, und das Berliner Volk dann den Spitzenkandidaten der CDU zum Regierenden kürt? Wie soll das denn gehen? Solche Situationen kennen wir aus Frankreich, oder aktuell aus den USA. Präsident Obama hat keine Mehrheit im Kongress, jedenfalls nicht in beiden Kammern. Das bedeutet Blockade immer und immer wieder, und windige Kompromisse und Schachergeschäfte. Oder das Regieren per Dekret. Also: entweder zuviel oder zuwenig Macht in der Hand des Regierenden.

Wollen wir das riskieren? Ich finde nein. Das Parlament, also das Berliner Abgeordnetenhaus, sollte den Regierenden Bürgermeister weiter mehrheitlich bestimmen. Und ihn gegebenenfalls per Misstrauensvotum auch wieder loswerden.