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Wie arbeiten wir in Zukunft? In der Lausitz wird darüber schon wesentlich länger gegrübelt. Denn dort bricht bald ein ganzer Industriezweig weg. Unser 100-Sekunden-Leben Kolumnist Martin Schneider wohnt mittendrin.
So, gleich vorweg: ich war's nicht! Auch wenn ich in meiner Kindheit regelmäßig Dinge kaputt gemacht habe, indem ich einfach nur in der Nähe war - diesmal nicht. Mit der Lausitzer Kohleindustrie geht's von alleine zu Ende. Oder fast - etwas politisch-gesellschaftlicher Druck soll da ja doch dabei sein, hab ich gehört. Über Südbrandenburg schwebt ein riesiger Counter, T minus 17 Jahre, der viele Leute wuschig macht, denn es geht ja hier nicht nur um tausende Jobs, sondern auch um den Bäcker an der Ecke, bei dem der Kumpel vor der Arbeit Halt macht und das Schloss Milkersdorf, bei dem der Kumpel nach der Arbeit, also vielleicht, eventuell... googeln sie das einfach mal (aber nicht auf dem Arbeitsrechner).
In der Lausitz ist es gerade 'n bisschen wie in der dritten Klasse: Malt mal alle auf, wie ihr euch die Zukunft vorstellt. Und was haben wir unschuldigen Kinder für fantastische Welten gemalt. Ein Glück, die Aufgabe wurde nicht fünf Jahre später gestellt, Stichwort: Selbstfindungsphase. Da hätte der raffinierte Robert zwar immer noch fliegende Autos gemalt, die düstere Doris aber den breiten Flachpinsel genommen, einmal rein in den Farbtopf und nach 3 Sekunden ein komplett schwarzes Bild abgegeben. Zukunft? Welche Zukunft?
Zugegeben: die Karrierechancen in der Lausitz sind etwas limitierter als, sagen wir, in Berlin. Aber es gibt sie, die Anpacker, Gründer, Umschuler. Es muss ja nicht immer das Drogengeschäft sein, auch wenn das schon ganz gut floriert. Möglicherweise auch der Grund, warum ein Ex-Energie Cottbus-Spieler eingestiegen sein soll. Da braucht's den Konjunktiv, weil: verhaftet, aber noch nicht verurteilt. Ich stelle mir vor: Er, Jahre zuvor am Küchentisch, platter Fußball in der Ecke, und die Frage: Wie arbeite ich in Zukunft?
Interessant, dass eine Situation einerseits so chancenreich sein kann, wie ein weißes Blatt Papier, und gleichzeitig so erdrückend, weil ungewiss, welche Farben man nehmen soll. Und reichen sie bis zum letzten Pinselstrich? Und, nicht ganz unwichtig: Wer malt hier eigentlich? Robert oder Doris?