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Mitte August wird das neue Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 4" von einem spanischen Hafen aus Kurs auf die Gewässer vor der lybischen Küste nehmen - als einziges Schiff privater Seenotretter. Obwohl die rechtliche Lage eigentlich klar sei, verweigerten die europäischen Rettungsleitstellen häufig die Zusammenarbeit, sagt Sea-Watch-Sprecher Oliver Kulikowski.
Die Sea-Watch 4 werde gemeinsam mit einem Bündnis von 550 Organisationen an den Start gebracht, berichtet Kunikowski. "Es ist ein tolles Zeichen für uns, dass es so eine große Unterstützung aus der Zivilgesellschaft gibt", sagt der Sea-Watch-Sprecher.
"Rettungsleitstellen verweigern Zusammenarbeit"
Das ehemalige Forschungsschiff sei in den vergangenen Monaten aufwändig ausgebaut worden. Es gebe nun eine Krankenstation und einen "Safe Space" für Frauen und Kinder. Auch wegen der Corona-Pandemie mussten die SeenotretterInnen Vorkehrungen treffen. "Die Crew geht in präventive Quarantäne und darf nur an Bord gehen, wenn sie negativ getestet wurde", erklärt Kulikowski. Bei Verdachtsfällen gebe es auf dem Schiff die Möglichkeit, Menschen zu isolieren.
Die Situation im Mittelmeer bleibe weiterhin dramatisch, weil sich die europäischen Länder weitestgehend aus der Seenotrettung zurückgezogen hätten. "Wir beobachten leider auch europäische Rettungsleitstellen, die ihrer Verpflichtung, Seenotfälle zu koordinieren wiederholt nicht nachgekommen sind und den Geretteten keinen sicheren Hafen zu weisen", sagt Kulikowski.
"Wir machen das, weil Europa es nicht macht"
Über 150 deutsche Städte und Kommunen hätten sich bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dies blockiere, sei ein politischer und moralischer Skandal, sagt Kulikowski. Dabei könne Deutschland im Rahmen der Ratspräsidentschaft vieles bewirken, wenn es wolle. "Deutschland könnte den EU-Krisenreaktionsmechanismus aktivieren, also das Ertrinken im Mittelmeer als Krise definieren, und darüber die Finanzierung einer zivilen Seenotrettungsmission im Mittelmeer ermöglichen", sagt Kulikowski.
Stattdessen fehle es seit dem Ende der Mission Mare Nostrum noch immer an einer institutionalisierten und flächendeckenden Seenotrettung der EU mit einem klaren Mandat. "Die Situation im Mittelmeer ist seit 2015 schlechter geworden, sagt Kulikowski. Die Beweggründe für Sea-Watch seien klar: "Wir machen das, weil Europa das nicht macht."