Neonazis inszenieren sich im Prozess
Die Medien berichteten vom engagierten Bürgermeister, der dagegenhält. Der SPD-Politiker wurde auch selbst von den Neonazis bedroht. Anfang 2016 erlitt er zwei Herzinfarkte. Anfang 2018 gab er nach 16 Jahren sein Bürgermeisteramt auf.
Der NPD-Aktivist Maik Schneider wurde durch Spuren überführt. Er gestand die Brandstiftung an der Turnhalle und zeigte keine Reue. Der Prozess wurde zur Bühne für die Rechtsextremisten. Zeugen aus der Szene, die aussagen wollten, wurden bedroht. Am Ende wurde Schneider zu insgesamt neun Jahren Haft verurteilt, ein Mittäter bekam sechseinhalb Jahre, drei weitere Männer Bewährungsstrafen.
Seit diesen Ermittlungserfolgen ist Nauen nicht mehr durch rechte Gewalttaten aufgefallen, beobachtet Laura Schenderlein. Das Urteil habe eine Signalwirkung gehabt. Außerdem sei mit Maik Schneider die Leitfigur der Nauener Neonaziszene aus dem Verkehr gezogen worden. Laura Schenderlein beschreibt ihn als einen charismatischen Anführer und Macher. Schneider war von Beruf Erzieher. Er war in der NPD und in der gewaltorientierten rechtsextremen Vereinigung „Freikorps Havelland“ gut vernetzt.
Linken-Politikerin: Nauen war in den 90ern Neonazi-Hochburg
Entscheidend sei in diesem Zusammenhang auch eine Kontinuität, die sich aus der Neonazikultur der 90er Jahre ergebe, so die Linken-Politikerin Andrea Johlige. „Nauen war in den 90er Jahren bekannt als Nazihochburg und die Nazischläger der 90er wohnen immer noch in Nauen, sie haben halt jetzt eine bürgerliche Existenz“, erklärt Johlige.
Viele Geflüchtete haben die Stadt mittlerweile verlassen
Beim Gang durch die Altstadt fällt ziemlich schnell auf, dass es in Nauen Fremdenfeindlichkeit gibt. Einige Passanten reden abfällig über die Flüchtlinge in der Stadt. Andere Passanten äußern sich weniger feindselig. Eine Frau sagt, sie habe nichts gegen die Flüchtlinge. Eine Rentnerin gibt zu, dass sie am Anfang große Angst hatte, betont aber, dass sich die Angst gelegt hat.
Es gibt engagierte Nauener, wie Volker Müller vom „Humanistischen Freidenkerbund Havelland“, einem Verein für Jugend- und Sozialarbeit. Als Müller 2015 die Willkommensinitiative für Flüchtlinge gründete, engagierten sich damals gut 150 Personen. Mittlerweile ist die Gruppe auf einen harten Kern zusammengeschrumpft. „Wir haben im Moment 37 aktive Helfer. Sie machen das ganz still ohne Medienaufmerksamkeit.“
Wie viele Flüchtlinge seit 2015 in Nauen aufgenommen wurden und was aus ihnen geworden ist, dazu gibt es keine genaue Statistik. Volker Müller schätzt, dass knapp 100 Flüchtlinge in Nauen Wohnungen gefunden haben, meist als Familie oder in WGs. Einige dieser Menschen arbeiten, vor allem in kleineren Handwerksbetrieben.
Doch die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge wurde entweder abgeschoben, ist zu Familienmitgliedern in andere Bundesländer gezogen oder in andere Städte des Landkreises, wie Rathenow oder Premnitz, weil es hier mehr freie Wohnungen gibt als in Nauen.