Björn Höcke, (r) Fraktionsvorsitzender der AfD, gratuliert Thomas Kemmerich (l., FDP), dem neuen Thüringer Ministerpräsidenten (Quelle: dpa/Schutt)
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- Beer: "Ich hätte in dieser Situation die Wahl nicht angenommen"

Die Wahl von FDP-Politiker Kemmerich zum Thüringischen Ministerpräsidenten hat eine politische Krise ausgelöst. Besonders die FDP steht nun in der Kritik. Die FDP-Politikerin Nicola Beer verteidigt zwar ihren Parteikollegen als "Demokrat durch und durch" betont aber auch, dass es alsbald Neuwahlen geben könnte.

Das was da in Thüringen passiert ist, ist beispiellos in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zum ersten Mal nach 1953 stellt die FDP wieder einen Ministerpräsidenten, zum ersten Mal stellt die kleineste Partei eines Parlaments den Regierungschef. Das ist ungewöhnlich.

Unerträglich ist für viele aber die Tatsache, dass FDP-Mann Thomas Kemmerich sich von der besonders rechten AfD-Fraktion unter Führung von Björn Höcke zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen. Einem Mann, der gerichtlich bestätigt als Faschist bezeichnet werden darf. "Ich glaube, dass jede demokratische Partei ihre Seele verliert, wenn sie mit der AfD in irgendeiner Form kooperiert." Worte von FDP-Chef Christian Lindner vor drei Wochen in der Rheinischen Post.
 

Beer: Es werde keine Zusammenarbeit mit der AfD geben

Nicola Beer (FDP) ist Vizepräsidentin des Europaparlaments. Hat die FDP mit dieser Wahl ihre Seele verloren? "Die FDP ist der klare Gegenentwurf zur AfD. Es gab keine Zusammenarbeit mit der AfD und es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben", sagt Beer. Sie betont, dass es vorher keinerlei Absprachen gegeben habe. Beer stößt es ab, dass unter den Stimmen für Kemmerich mutmaßlich die von Björn Höcke waren. Beer: "Ich hätte in dieser Situation die Wahl nicht annehmen können.“

Allerdings gab es vorab Gerüchte und Warnungen an Thomas Kemmerich. Doch für Beer sei das alles überraschend gekommen. "Letztlich ist er [Kemmerich] angetreten als ein Kandidat der Mitte gegen einen Linken und gegen einen Rechtsextremen, um zu zeigen, dass es in Thüringen auch noch diese demokratische Mitte gibt." Beer betont aber auch, wenn CDU, SPD und Grüne nicht auf die Gesprächsangebote von Kemmerich eingehen, "dann braucht es umgehende Neuwahlen." Beer sei sich sicher, dass Kemmerich diese dann in Thüringen auch einleiten wird.
 

Neuwahlen einleiten, falls die Situation nicht geklärt werde

Doch die Stimmen in der eigenen Partei sind eindeutig: Sabine-Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige FDP-Bundesjustizministerin, sagt. Kemmerich sollte zurücktreten, der Spuk in Thüringen müsse sofort beendet werden, ehe er zum Alptraum wird. Gerhard Baum, ehemaliger FDP-Bundesinnenminister, sieht einen Hauch von Weimar über dem Land liegen. Ist Kemmerich Schuld an diesem Hauch von Weimar? "Thomas Kemmerich ist ein Mann der Mitte, ein Demokrat durch und durch", sagt Beer. Er habe gegen die AfD und gegen die Linke Wahlkampf gemacht.

Beer sagt aber auch: "Thomas Kemmerich hat nun ein sehr knappes Zeitfenster. Ich sehe die Situation als sehr kritisch an." Kemmerich müsse die Situation nun klären und ansonsten schnellstmöglich Neuwahlen einleiten.