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Für die mehr als drei Millionen EU-Bürger waren die letzten Brexit-Jahre von Unsicherheit geprägt. Auch Maike Bohn lebt seit 27 Jahren in Großbritannien und ist Mitbegründerin der Initiative "the3million". Inforadio-Reporterin Anne Demmer hat mit Bohn über Gefühle und Fakten zum Brexit gesprochen.
Am 31. Januar gibt es in London eine Brexit-Party – doch Maike Bohn ist nicht danach zumute: "Die Party am 31. Januar haut eigentlich in diese große Wunde, die sich in Großbritannien aufgetan hat." EU-Bürgerinnen und -Bürger machten sich über den Brexit entweder große Sorgen, seien traurig oder wütend. Sie plane eine EU-Kneipentour an diesem Abend: "Früher waren wir Deutsche, Franzosen, Italiener. Heute sind wir durch den Brexit EU-Bürger, eine neue Minderheit", sagte Bohn.
Britische Staatsbürgerschaft zur Sicherheit angenommen
Bohn lebt seit 27 Jahren in Großbritannien, hat dort studiert und eine Familie gegründet. Sie lebt mittlerweile in Bristol und hat tolle Nachbarn, wie sie sagt. Aber "das Gefühl des Zuhauses und des Richtig-Dazugehörens ist für viele verschwunden." Sie fände es bedenklich, wie sehr von unterschiedlichen Seiten gegen EU-BürgerInnen gehetzt würde, sodass diese sich äußerst unerwünscht fühlen. Mittlerweile hat Bohn auch die britische Staatsbürgerschaft angenommen – "aus Sicherheitsgründen" wie sie sagt. Denn als EU-BürgerIn hätte man künftig einfach weniger Rechte oder viele Dinge seien noch unklar.
"Settled Status" oder Risiko der Ausweisung
Derzeit erfolge die Registrierung des sogenannten "settled status" von EU-BürgerInnen, die dauerhaft in Großbritannien leben. Die Anmeldung funktioniere nur über Smartphones und online. Für Ältere, Kinder oder Menschen mit Behinderung eine echte Hürde, sagte Bohn. Aber vor allem hätte das Vereinigte Königreich in den vergangenen Jahren überhaupt nicht richtig dokumentiert, wer eigentlich im Land sei. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 100.000 Personen nicht von der derzeitigen Registrierung erfasst werden und damit riskieren, ausgewiesen zu werden.
Beratung für EU-BürgerInnen nach dem Brexit
Eigentlich wollte Bohn die Lobby-Organisation "the3million" zum 31. Januar schließen, hat sich jedoch dagegen entschieden. "Denn dann geht es ja erst richtig los", sagte die Aktivistin. Derzeit bereite sich "the3million" darauf vor, neue rechtliche Diskriminierungen abzufedern und auch jenen zu helfen, die demnächst durch das neue System fallen.