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Die Sektion „Generation“ bei der Berlinale gilt als wichtigste kulturelle Plattform für Kinder und Jugendfilme weltweit. Maryanne Redpath ist ihre Leiterin. Berlinale-Reporter Jakob Bauer hat sie zum Interview getroffen.
Seit zwölf Jahren leitet Maryanne Redpath die Sektion "Generation" der Berlinale. Probleme junge Leute ins Kino zu locken, habe sie nie gehabt: "Ich glaube nicht, dass junge Menschen nur vor ihren kleinen Bildschirmen zu Hause hocken wollen." Jedes Jahr habe sie einen sehr positiven Austausch mit der jungen Generation auf der Berlinale.
Dennoch hätten Smartphones auch die Kinowelt verändert, so Redpath. Denn mittlerweile würden ganze Filme mit Smartphones gedreht. Auch die Bildsprache habe sich verändert – sie sei schneller, poppiger und internettauglicher geworden.
Junge Menschen zeigen Kreativität
Auch die Generation for Future spiegele sich immer mehr in den Filmen der Berlinale wider. Dabei nennt Redpath gleich zwei Beispiele: Zum einen gäbe es den Streifen Comrades, der die Geschichte von Jugendlichen während der Proteste in Hong-Kong erzählt. "Es ist nicht super professionell gemacht, aber man bekommt das Gefühl des Aufstands mit", so Redpath. Ein anderes Beispiel sei der Film "White Riot", der eine antirassistische Bewegung der 70er in Großbritannien portraitiert. Dieser Film zeige sehr deutlich, was junge Menschen mit Kreativität und Kunst erreichen könnten. "Es ist sehr übertragbar in das Hier und Jetzt", sagt Redpath.
Genauso würden auch Influencer – Meinungsmacher aus dem Netz – immer mehr Anklang auf der Leinwand finden. Manche von ihnen würden sogar Hauptrollen übernehmen – auch in Berlinale-Filmen. Youtube als Videoplattform sei daher nicht unbedingt ein Konkurrent zum Film, sie würden sich vielmehr gegenseitig füttern, so Redpath. "Es gibt eine Synergie", sagt sie. "Die jungen Menschen sind ganz klug, sie können sich auseinandersetzen mit vielen verschiedenen Ebenen", erklärt Redpath weiter.
Beliebtes Thema: Coming of Age
Viele Themen kämen auch immer wieder zurück: Dazu gehörten vor allem Geschichten über "Kinder in dysfunktionalen Familiensituationen, die mit viel zu viel Verantwortung aufwachsen müssen, die Entscheidungen treffen müssen, um weiter zu kommen, um etwas zu verändern oder zu überleben." Gleichzeitig gäbe es auch immer wieder Filme über Kinder und Jugendliche in Kriegsgebieten – das seien berührende Themen, aber auch wichtige Themen, die immer wieder gezeigt werden müssten.
Sie nennt das Stichwort "Coming of Age" – das ist die Entwicklung der jugendlichen Protagonisten bis zum Erwachsenenalter. "Das ist ein Dauerthema bei uns", sagt sie.
Neue Erfahrungen unter neuer Leitung
Seit diesem Jahr leiten Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek zum ersten Mal die Berlinale. "Das ist eine ganz neue Situation", sagt Redpath. Sie begrüßt den Führungswechsel, denn das neue Führungsduo sei sehr neugierig. Sie hätten aber auch noch viel voneinander zu lernen. "Ich wähle Filme nicht aus, um jungen Leuten zu gefallen, sondern, um sie zu überraschen", sagt Redpath. Damit habe sie insbesondere auch Chatrian überrascht.