Lasker-Wallfisch erreichte Auschwitz in jenem Moment, als man dort gerade eine Cellistin suchte – so "vollkommen wahnsinnig" ihr dies auch heute vorkommt, es habe ihr das Leben gerettet, so die Holocaust-Überlebende. "Es war so eine Art Sicherheit: so lange die Musik haben wollen, leben wir."
Auschwitz begleite auch sie jeden Tag – vor allem, weil sie viele Vorträge hält und als Zeitzeugin spricht. "Aber das hat im Grunde nichts mehr mit Emotion zu tun", sagte die 94-Jährige. "Ich habe überlebt. Jemand muss überlebt haben, sonst kann man das Ganze leugnen (...), was da wirklich geschehen ist in Auschwitz."
Werde sie gefragt, erzähle sie vom Überleben in Auschwitz – es sei ihr ein "Art Obligation". "Wir haben überlebt, wozu eigentlich? Um Zeugnis abzulegen, dass es tatsächlich so war, wie es war", sagte Lasker-Wallfisch.
Junge Generation stellt Fragen
Die Musikerin wollte eigentlich nie zurück nach Deutschland, doch Ende der 80er Jahre ergab sich ein musikalisches Gastspiel in der Nähe des KZ Bergen-Belsen, in dem die Holocaust-Überlebende inhaftiert war. Sie wollte damals sehen, was aus dem Lager geworden ist. Gleichzeitig spürte sie bei ihrem Besuch das Interesse einer jüngeren Generation an dem, was im KZ geschehen war. Seitdem hat sie ein Buch geschrieben und spricht vor allem vor jungen Menschen "und das ist alles immer sehr positv", sagte Lasker-Wallfisch.
Deutschland darf sich keinen Rechtsruck erlauben
Die aktuelle politische Atmosphäre in Deutschland empfindet Lasker-Wallfisch als schlecht, besonders den Erfolg der AfD: "Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es genug vernünftige Menschen gibt, diese blöde Parteri nicht aufkommen zu lassen." Allgemein rückten auch andere Länder nach rechts, doch Deutschland sei das letzte Land, das sich dies erlauben dürfe, so Lasker-Wallfisch.
Antisemitismus-Debatte überschattet Gedenken
Es sei traurig, dass am 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wieder viel mehr über Antisemitismus gesprochen wird, als über das, was in den Konzentrations- und Vernichtungslagern geschehen ist, sagte die Zeitzeugin. "Es sieht nicht gut aus auf der Welt, das wissen wir." Sie gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass Anstand und Menschlichkeit siegen werden.