-
Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz erlassen. Eigentlich sollte das Gesetz nur ein Provisorium sein, doch es hat sich bis heute gehalten. Gertrude Lübbe-Wolf, Jura-Professorin an der Universität Bielefeld und ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht, blickt mit uns auf die Entwicklung des Grundgesetzes zurück.
Das Grundgesetz war ein bewusst gewählter Name - im geteilten Deutschland wäre "Verfassung" nicht angemessen gewesen. Nun gibt es das Grundgesetz bereits seit 70 Jahren - es sei eine gute Verfassung und nach dem Zweiten Weltkrieg unter viel günstigeren Bedingungen in die Welt gekommen, sagte Lübbe-Wolf. So stand Deutschland unter Beobachtung der Allierten, es gab keine vergleichbare Situation wie 1919 mit dem Versailler Vertrag, auch mit der Wirtschaft ging es wieder bergauf: "Das sind alles wichtige Faktoren."
Zwischen Auslegung und Neuerfindung
Über bestimmte Vorgaben der Verfassung könne man streiten, so die ehemalige Bundesverfassungsrichterin - "aber natürlich, mein Gefühl war, ich bin dafür da, die Verfassung auszulegen und zu schützen." Dies sei eine schöne und verantwortungsvolle Aufgabe gewesen, so Lübbe-Wolf.
Die Grenze zwischen "Verfassungsauslegung" und "Neuerfindung von Gesetzen" sei nicht "mit dem Lineal gezogen worden". "Das Entscheidende sei, dass im Gericht Leute säßen, die sich alle ernsthaft bemühen und nicht eine politische Agenda dabei verfolgen", so Lübbe-Wolf.