Trump und die Midterms: Wahlen in einem gespaltenen Land

In den USA haben am Dienstagmittag (MEZ) die Kongresswahlen ("Midterm Elections") begonnen. Sie sind auch ein Referendum über die Politik von Präsident Trump. Sein Wahlkampf ist noch schriller als 2016, er warnt seine Anhänger vor Verhältnissen wie in Venezuela. Kurz vor der wichtigen Abstimmung lagen die Nerven blank. Wir haben Interviews, Reportagen und Hintergründe für Sie zusammengefasst.

Die USA im Herbst 2018. Zwei Jahre ist es her, dass Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, und noch immer zieht er riesige Menschenmengen an. Wenn Trump in diesen Tagen in Texas, Florida, West Virginia oder Nevada um Stimmen für seine Republikaner bei den Kongresswahlen am 6. November wirbt, kommen seine Anhänger in Scharen. Wie am Samstag in Montana, wo der Präsident vor der Kulisse schneebedeckter Berge sprach. Gleichzeitig dürfte die Verachtung, die Trumps Gegner für ihn empfinden, so hoch sein wie kaum je zuvor.

Trump hat das Land gespalten. Dabei war er mit dem Versprechen angetreten, Gräben zu schließen. In seiner Siegesrede vor zwei Jahren betonte er: "Allen Republikanern und Demokraten und Unabhängigen überall in dieser Nation sage ich, dass es Zeit für uns ist, als ein vereintes Volk zusammenzukommen." Stattdessen legt er eine Rhetorik an den Tag, die die Spannungen stetig anheizt.

Mit der Wahrheit nimmt es der Präsident dabei nicht so genau. Nach einer Statistik der "Washington Post" benötigte Trump exakt 601 Tage im Amt, um die Marke von 5000 falschen oder irreführenden Behauptungen zu reißen. Insofern ist mit Vorsicht zu genießen, wenn er mit Blick auf die Wahlen sagt: "Wenn die Demokraten in diesem November die Kontrolle über den Kongress gewinnen, werden wir dem Sozialismus in Amerika gefährlich näher kommen."

Zwar drohen Amerika auch nach den Zwischenwahlen keine Verhältnisse wie im beinahe bankrotten Venezuela, wovor der Präsident bei jedem Wahlkampfauftritt warnt. Gefährdet ist bei den sogenannten Midterms aber die Mehrheit von Trumps Republikanern in mindestens einer der beiden Kammern im Kongress, dem US-Parlament.

Wer allerdings darauf spekuliert, dass die Kongresswahlen den Anfang vom Ende von Trumps Präsidentschaft markieren, könnte sich getäuscht sehen. Zur Wahl stehen das Repräsentantenhaus und der Senat, also beide Kammern des US-Parlaments. Laufen die Dinge halbwegs den Prognosen entsprechend, wird Trump zwar das Repräsentantenhaus verlieren, aber den Senat für die Republikaner halten können.

Was 2020 blühen könnte, darauf liefert der derzeitige hitzige Wahlkampf einen Vorgeschmack. Trump begnügt sich nicht damit, die eigenen Erfolge zu preisen, obwohl er seinen Anhängern da durchaus etwas zu bieten hat: Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt. Trump hat seine Steuerreform durchgebracht, und er hat zwei erzkonservative Richter an den politisch so wichtigen Obersten Gerichtshof berufen können - darunter den umstrittenen Kandidaten Brett Kavanaugh, den er gegen heftige Widerstände durchboxte.

Der Präsident baut im Wahlkampf eine Drohkulisse auf, wonach alles auf dem Spiel steht, sollten sich die Demokraten durchsetzen. Sie porträtiert er als wütenden, linksradikalen Mob. Trump behauptet, die Demokraten wollten Grenzen öffnen, sozialistische Verhältnisse etablieren, Einwanderer ohne Aufenthaltspapiere wählen lassen und den Menschen ihre Krankenversicherung wegnehmen.

Dass das kaum etwas mit der Realität zu tun hat, spielt für den Präsidenten keine Rolle. Sein Wahlkampf ist noch hetzerischer, noch schriller, noch populistischer geworden als 2016. Der Präsident testet, ob diese Strategie verfängt. Es ist ein Probelauf für 2020, und Trump ist damit nicht allein.

Sicher ist jedenfalls, dass nach dem 6. November keine Ruhe einkehren wird - vielmehr dürfte es dann erst richtig losgehen. Irgendwann danach wird der FBI-Sonderermittler Robert Mueller seinen mit Spannung erwarteten Bericht vorlegen, in dem es auch um mögliche Absprachen des Trump-Lagers mit Russland im Wahlkampf 2016 geht. Und schließlich ist nach den Wahlen immer auch vor den Wahlen. Die "New York Times" schreibt zur Frage, was nach den Midterms geschieht: "Im Prinzip beginnt sofort der Präsidentschaftswahlkampf 2020."

Was man über die Kongresswahlen wissen muss

  • Was ist der Kongress?

  • Wird der gesamte Kongress neu gewählt?

  • Wann wird der Präsident gewählt?

  • Wie ist die Machtverteilung im Kongress vor der Wahl?

  • Wie stehen die Chancen der Opposition?

  • Wie verlaufen die Kongresswahlen traditionell?

  • Spielt Trumps Beliebtheit eine Rolle?

  • Wie kann die Wahl Trump gefährlich werden?

  • Wofür kann ein US-Präsident des Amtes enthoben werden?

  • Ist es wahrscheinlich, dass Trump sein Amt verliert?

  • Kann Trump ein solches Verfahren dann nicht egal sein?

  • Sind in der Vergangenheit US-Präsidenten des Amtes enthoben worden?

  • Was bedeuten mögliche neue Mehrheitsverhältnisse noch?

  • Wann wissen wir, wie die Wahl ausgegangen ist?

  • Was wird außer dem Kongress gewählt?

Midterms erklärt: Die US-Wahlen funktionieren anders als bei uns

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    Vieles bei den Midterms-Wahlen in den USA zur Halbzeit zwischen zwei Präsidentschaftswahlen funktioniert anders als in Deutschland. Hier sind fünf wichtige Unterschiede. 

  • - Öffentliche Vorwahlen

    Vor der Abstimmung am 6. November mussten sich die meisten Kandidaten in öffentlichen Vorwahlen ihrer Partei durchsetzen. Einige Wahlkreise in Großstädten und an den Küsten sind felsenfest demokratisch, andere im Süden und Mittleren Westen stramm republikanisch, so dass diese innerparteilichen Vorwahlen oft der schwierigere Schritt auf dem Weg nach Washington sind.

  • - Geringe Wahlbeteiligung

    Bei den letzten Midterms 2014 fiel die Wahlbeteiligung mit nur rund 36 Prozent der Menschen im wahlberechtigten Alter auf den niedrigsten Stand seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Zu den Gründen dafür zählen die komplizierte Eintragung ins Wählerverzeichnis und die oft starke generelle Ablehnung der Politiker in Washington. Mehreren Millionen Menschen wurde auch das Wahlrecht entzogen, weil sie früher im Gefängnis saßen. Allein in Florida betrifft dies jeden zehnten Menschen im wahlberechtigten Alter.

  • - Wahltag Dienstag

    Gewählt wird in den USA an einem Dienstag. Das liegt an der Geschichte des Landes als religiöser Bauernstaat. Früher waren die Wahllokale teils mehr als eine Tagesreise entfernt und die Landesväter im 19. Jahrhundert fanden es unverantwortlich, dass mögliche Wähler am heiligen Sonntag die Kutschenfahrt zum Wahllokal antraten.

  • - Registrierung nötig

    Anders als in Deutschland kann in den USA nicht einfach jeder Wahlberechtigte mit dem Ausweis zum nächsten Wahlbüro gehen. Es gibt Wahlverzeichnisse, bei denen die Eintragung in einigen Bundesstaaten überraschend schwer ist. Beispielsweise ist teils eine Geburtsurkunde nötig - besonders einige ältere Schwarze in den Südstaaten haben kein solches Dokument.

  • - Wahlkampf von Tür zu Tür

    In den USA ist der Wahlkampf von Tür zu Tür viel wichtiger als in Deutschland. Freiwillige klopfen beim "Canvassing" bei Anhängern ihrer Kandidaten und versuchen häufig, diese zum Wählen zu bewegen. Die Parteien erstellen zuvor Listen mit besonders aussichtsreichen Haushalten, weil sich Wähler als langfristige Befürworter einer der beiden großen Parteien registrieren lassen können.