Zwar drohen Amerika auch nach den Zwischenwahlen keine Verhältnisse wie im beinahe bankrotten Venezuela, wovor der Präsident bei jedem Wahlkampfauftritt warnt. Gefährdet ist bei den sogenannten Midterms aber die Mehrheit von Trumps Republikanern in mindestens einer der beiden Kammern im Kongress, dem US-Parlament.
Wer allerdings darauf spekuliert, dass die Kongresswahlen den Anfang vom Ende von Trumps Präsidentschaft markieren, könnte sich getäuscht sehen. Zur Wahl stehen das Repräsentantenhaus und der Senat, also beide Kammern des US-Parlaments. Laufen die Dinge halbwegs den Prognosen entsprechend, wird Trump zwar das Repräsentantenhaus verlieren, aber den Senat für die Republikaner halten können.
Was 2020 blühen könnte, darauf liefert der derzeitige hitzige Wahlkampf einen Vorgeschmack. Trump begnügt sich nicht damit, die eigenen Erfolge zu preisen, obwohl er seinen Anhängern da durchaus etwas zu bieten hat: Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt. Trump hat seine Steuerreform durchgebracht, und er hat zwei erzkonservative Richter an den politisch so wichtigen Obersten Gerichtshof berufen können - darunter den umstrittenen Kandidaten Brett Kavanaugh, den er gegen heftige Widerstände durchboxte.
Der Präsident baut im Wahlkampf eine Drohkulisse auf, wonach alles auf dem Spiel steht, sollten sich die Demokraten durchsetzen. Sie porträtiert er als wütenden, linksradikalen Mob. Trump behauptet, die Demokraten wollten Grenzen öffnen, sozialistische Verhältnisse etablieren, Einwanderer ohne Aufenthaltspapiere wählen lassen und den Menschen ihre Krankenversicherung wegnehmen.
Dass das kaum etwas mit der Realität zu tun hat, spielt für den Präsidenten keine Rolle. Sein Wahlkampf ist noch hetzerischer, noch schriller, noch populistischer geworden als 2016. Der Präsident testet, ob diese Strategie verfängt. Es ist ein Probelauf für 2020, und Trump ist damit nicht allein.
Sicher ist jedenfalls, dass nach dem 6. November keine Ruhe einkehren wird - vielmehr dürfte es dann erst richtig losgehen. Irgendwann danach wird der FBI-Sonderermittler Robert Mueller seinen mit Spannung erwarteten Bericht vorlegen, in dem es auch um mögliche Absprachen des Trump-Lagers mit Russland im Wahlkampf 2016 geht. Und schließlich ist nach den Wahlen immer auch vor den Wahlen. Die "New York Times" schreibt zur Frage, was nach den Midterms geschieht: "Im Prinzip beginnt sofort der Präsidentschaftswahlkampf 2020."