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Inforadio und das Berliner Naturkundemuseum suchen Namen für neue Tierarten: "Kleine Tiere ganz groß" heißt die Aktion. Als zweites von vier Tierchen will eine Süßwassergarnele aus Sulawesi getauft werden. Wissenschaftsredakteur Thomas Prinzler stellt sie Ihnen vor.
Sulawesi ist eine der rund 17.000 Inseln Indonesiens. Das Eiland liegt zwischen Borneo und Papua-Neuguinea auf dem Äquator. Touristen finden dort traumhafte Landschaften, Dschungel, Strände. In abgeschiedenen Gebieten der Insel leben zahlreiche in Sprache, Kultur und Religion verschiedene Volksgruppen. Und farbenprächtigen Süßwassergarnelen. Die aus den alten, zum Teil versteckt liegenden, Seen stammenden Tiere sind bei Aquarianern besonders beliebt. Die Arten aus den Flüssen der Insel sind dagegen vergleichsweise langweilig, sagt Dr. Thomas von Rintelen, im Naturkundemuseum Kurator für die Weichtiere, zu denen neben Schnecken auch die Garnelen gehören. Und diese noch namenlose ca. 2 Zentimeter lange bräunliche Art mit weißen Streifen und Punkten: "Die haben wir zuerst 2005 entdeckt in einem entlegenen Tal Sulawesis, aber noch nicht erkannt, dass es eine neue Art ist. Und wir waren dieses Jahr im Mai wieder auf einer weiteren Expedition im gleichen Tal, haben neue Tiere gesammelt, die dort zahlreich vorhanden sind."
Sie sieht unscheinbar aus, die Süßwassergarnele der Gattung Caridina, wie sie so konserviert im Alkohol schwimmt. Dennoch fasziniert sie den Biologen von Rintelen, der sie persönlich mit dem Kescher gefangen hat: "Diese Garnele ist recht besonders. Normalerweise haben Garnelen…kleine Borsten an ihren Scheren. Mit diesen sind sie eigentlich ununterbrochen dabei, Nahrung aufzuraspeln, Algen vom Grund. Und diese Garnele hat sie umgewandelt in so eine Art Fächer, wenn sie ausgefahren werden. Und wedelt praktisch damit durch das Wasser und so holt sie sich ihre Nährstoffe aus dem Wasser."
Es ist weltweit nur eine weitere Süßwassergarnelen-Art bekannt, die sich ihre Nahrung zufächert. Und wie erkennen die Wissenschaftler nun, dass es eine neue Art ist? Die Analyse der Gene sei wichtig – ansonsten sei es so wie immer, meint Thomas von Rintelens Frau Kristina, die sich wie kaum eine andere mit diesen kleinen Tierchen auskennt, auch weil sie über Süßwassergarnelen promovierte: "Man geht ins Feld, bestimmte Regionen und sammelt alles ein, was man finden kann und setzt sich zuhause ans Mikroskop und schaut sie sich im Detail an. Abgesehen von der Genetik braucht man immer noch nach wie vor Experten, die die Tiere auch nach der äußeren Erscheinung beurteilen können. Praktisch die Borstenzähler, die wissen, wodurch sich die Tiere unterscheiden, manchmal sind es nur Kleinigkeiten."
Wie eben die zu Fächern umgewandelten Borsten der Garnele, die einen Namen bekommen soll. Kristina von Rintelen setzt sich für den Schutz der Süßwassergarnelen ein, insbesondere der bei Aquarianern so beliebten bunten Arten wie die Kardinalsgarnele: "Wir haben jetzt auch Rote-Liste-Arten, die wir derzeit bearbeiten, die kommen auf der indonesischen Insel Sulawesi vor, sind sehr kleinräumig, bunte hübsche Arten, die in der Aquaristik gerne verkauft werden. Und wir versuchen das einzudämmen, dass es nicht soviel Wildfänge gibt sondern dass die Arten primär nachgezüchtet werden und verkauft werden."
Denn viele der Süßwassergarnelen sind bedroht – auch wenn sie nicht auf der Roten Liste stehen, ergänzt Thomas von Rintelen: "Durch diesen fortlaufenden Lebensraumverlust, der durch das wirtschaftliche und Bevölkerungswachstum gerade in Südostasien besonders stark ist, ist da ein ständiger Druck auf diesen Populationen. Und mit der Intensivierung der Landwirtschaft in dieser Weltregion und dem Einbringen von Giften sind tatsächlich auch Arten, die eigentlich gar nicht so extrem kleinräumig verbreitet sind, dann durchaus gefährdet."
Nicht nur die indonesische Inselwelt wäre ein Stück ärmer ohne die Sulawesi Süßwassergarnele der Gattung Caridina, für die noch ein Name gefunden werden und die noch wissenschaftlich beschrieben werden soll.