Das vernetzte Ich - Liquid Democracy nach dem Scheitern der Piraten
Das große Versprechen der Piraten hieß "Liquid Democracy" - digitale Politik, transparent und offen. Die Partei ist inzwischen von der politischen Bühne verschwunden. Ob ihr "Betriebssystem" eine Zukunft hat, weiß Inforadio-Reporter Martin Adam.
"Liquid Feedback" hieß das Betriebssystem der Piraten. Eine Software zum digitalen Diskutieren und Abstimmen. Theoretisch mit Zugang für jeden, unabhängig vom Aufenthaltsort. Im besten Fall ist das Programm ein Kompromiss zwischen repräsentativer und direkter Demokratie. 5 Jahre nach ihrer großen Wahl ist von den Piraten nichts mehr zu sehen. Und auch "Liquid Feedback" ist gescheitert, sagt - via Skype zugeschaltet - die Bonner Politikwissenschaftlerin Anne Küppers. Das Programm sei einfach zu arbeitsintensiv gewesen - und das selbst für eine Partei, die so internetaffin ist wie die Piraten: "Das wurde auch mal wissenschaftlich untersucht, da lag die Beteiligung irgendwo zwischen 1 Prozent und 5 Prozent."
Christopher Lauer, Ex-Pirat und damals in der Partei für Liquid Feedback zuständig, widerspricht. Ohne die Software, so Lauer, hätten die Berliner Piraten niemals so schnell ein Grundsatzprogramm zustande gebracht - wohlgemerkt ohne gewachsene Parteistruktur. Und Liquid Feedback biete die Möglichkeit, selbst abzustimmen. Man könne seine Stimme aber auch delegieren. Damit sei der Prozess eben nur so aufwändig, wie man ihn sich selbst mache. Dementsprechend sieht Christopher Lauer für Liquid Feedback auch eine Zukunft. Wenn es zum Beispiel um die Bebauung des Tempelhofer Feldes geht, könnten die Berliner über Liquid Feedback mitdiskutieren und -entscheiden. Nicht allein, sondern auf Augenhöhe mit den gewählten Politikern: "Das große Potential, was ich bei Liquid Feedback insgesamt sehe ist, dass halt Leute, die wirklich eine Expertise auf einem gewissen Gebiet haben, sich dann als Praktiker ganz klar in Themenexkurse einbringen können und da den Horizont der Politik einfach erweitern."