Vis à vis - Ursula Nonnemacher (Grüne): "Ich bin mit mir im Reinen"
Auf höchst ungewöhnliche Weise ist Ursula Nonnemacher (Grüne) als Brandenburgs Gesundheitsministerin entlassen worden. Im Vis-à-vis blickt sie zurück auf ihre Amtszeit und das Ende. Von Amelie Ernst
Sowas hat man im Bundesrat auch selten bis gar nicht erlebt: Dass eine Ministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin quasi während einer Sitzung von ihrem Ministerpräsidenten auf dem Flur die Entlassungspapiere in die Hand gedrückt bekommt, damit sie nicht wie geplant ihre Rede halten und dagegen stimmen kann, dass ein Gesetzentwurf (in dem Fall die Krankenhausreform) in den Vermittlungsausschuss überwiesen wird.
So geschehen mit Ursula Nonnemacher von den Grünen, deren Ministerpräsident Dietmar Woidke genau das machte. Von dieser Aktion waren vergangene Woche eine Menge Leute überrascht - nicht nur in Brandenburg. "Ich bekomme im Moment unglaublich viele Solidaritätsbekundungen", erzählt die Grünen-Politikerin.
Nach überraschender Entlassung "überhaupt nicht am Boden zerstört"
"Viele fragen: Wie geht es Dir denn, bist du am Boden zerstört? Ich bin überhaupt nicht am Boden zerstört. Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich aufgestellt. Natürlich war die letzte Woche anstrengend, kein Mensch freut sich, wenn er in schweren Auseinandersetzungen steht, das macht keine Freude."
Inhaltlich bleibt Nonnemacher bei ihrer Überzeugung: "Ich habe immer wieder überprüft und auch mit den Mitarbeitenden aus meiner Fachabteilung gesprochen: Sind wie uns sicher, dass unsere Einschätzung richtig ist, dass es für das Land Brandenburg nachteilig wäre, dieses Gesetz, an dem so lange rumverhandelt worden ist jetzt nach zwei Jahren Arbeit praktisch im Vermittlungsausschuss zu versenken, was das Ende bedeutet hätte? Und die Antwort war: Ja! […] Von daher bin ich mit mir im Reinen und denke, das war richtig, wie ich mich verhalten habe."
Nonnemacher: "Das war ein eklatanter Vertrauensbruch"
Kurz vor der Abstimmung im Bundesrat, bei der Nonnemacher auch eine Rede halten sollte, wurde ihr aus der Staatskanzlei von Ministerpräsident Woidke klar zu verstehen gegeben, dass sie für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen solle. Ihre Weigerung, das gegen ihre Überzeugung zu tun, führte letztlich zu der sehr ungewöhnlichen Entlassung unmittelbar vor der Sitzung, die sie selbst überraschte:
"Das war schon neu. Diese Stufe der Eskalation ist mir erst am Freitagmorgen offenbart worden. Das war schon eine Situation, die fand ich wirklich sehr einmalig. Das war ein eklatanter Vertrauensbruch, das geht überhaupt nicht meiner Ansicht nach – und diese Ansicht wird von sehr vielen Menschen bundesweit geteilt."