Vis à vis - Wie Anne Brorhilker gegen Wirtschaftskriminalität kämpft
Als Oberstaatsanwältin hat Anne Brorhilker im Cum-Ex-Skandal ermittelt. Im Sommer wechselte sie überraschend zur Lobby-Organisation Bürgerbewegung Finanzwende. Was kann sie dort erreichen? Von Annika Krempel
Dass erste Cum-Ex-Steuersünder hinter Gittern sitzen und Banken Millionensummen an die Staatskasse zurückgezahlt haben, ist ihr Verdienst: Anne Brorhilker war mehr als zehn Jahre als Staatsanwältin in Köln für die Cum-Ex-Ermittlungen zuständig - dem größten deutschen Steuerskandal. In diesem Jahr wechselte sie überraschend zur kleinen Lobbyorganisation "Bürgerbewegung Finanzwende", die sich für eine nachhaltigere Finanzwirtschaft einsetzt.
Brorhilker: "Das System muss sich ändern"
"Mein Ziel ist immer noch das gleiche, nämlich die effektive Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität", sagt Brorhilker. "Aber ich habe meine Strategie geändert." Als Staatsanwältin habe sie Einzelfälle behandelt, es sei aber nicht ihre Aufgabe gewesen, das System als solches zu verändern. "Und das System muss sich ändern, weil es im Moment dazu führt, dass im Bereich von Wirtschaftskriminalität die Täter nicht genügend zur Verantwortung gezogen werden", sagt Brorhilker.
Der Staat sei nicht stark genug, um die Fälle genauso engagiert zu verfolgen wie in anderen Kriminalitätsbereichen. Die Finanzlobby ist aus Sicht der Ex-Staatsanwältin zu einflussreich. Laut Lobbyregister lägen die finanziellen Ressourcen der Finanzlobby noch über denen der Pharmaindustrie und der Automobilindustrie. "Sie haben Zugang zur Politik und setzen dafür auch sehr viel Geld ein", sagt Brorhilker. Die Bürgerbewegung Finanzwende versuche, ein Gegengewicht dazu aufzubauen. "Mit vielen Stimmen ist man eben viel lauter, als wenn man alleine gegen die Finanzlobby angehen möchte."