Ulrich Schneider vom Paritätischer Wohlfahrtsverband bei einer Demonstration gegen Rechts auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor
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Vis à vis - Ulrich Schneider: Armut kann man abschaffen - wenn man will

Wenn es um das Thema Armut ging, dann war er meist nicht weit: Ulrich Schneider vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Jetzt geht er in Rente und zieht eine in Teilen ernüchternde Bilanz. Von Ursula Voßhenrich

Sein Gesicht ist vielen bekannt: von Talkshows, von Pressekonferenzen zum Thema Armut und von seinen Auftritten auf Demonstrationen und Kundgebungen. 25 Jahre lang war Ulrich Schneider Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, eines der großen Dachverbände der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland.

Zum Abschied zieht er eine sehr gemischte Bilanz. In der sozialen Arbeit vor Ort habe man viel erreicht, um Familien in Armut irgendwie zu helfen, über den Monat zu kommen und ihren Kindern eine vernünftige Entwicklungschance zu erhalten. Politisch habe sich in den 25 Jahren allerdings nichts zum Positiven entwickelt.

Schneider: Denkblockaden müssen gelöst werden

 

"Uns ist es nicht gelungen, eine Gesetzgebung, eine Steuer, eine Finanzpolitik zu erzielen, die Armut abschafft." Dabei ist Schneider nach wie vor fest davon überzeugt, dass genau das gelingen kann, wenn man nur will. Das scheitere jedoch daran, dass es in der deutschen Gesellschaft Denkblockaden gebe: "Wir haben so Glaubenssätze verinnerlicht, dass Wettbewerb immer gut ist, dass jemand, der arm ist, selbst dran schuld ist, dass man auf keinen Fall Eigentum antasten darf, dass selbst Milliardenvermögen irgendwie verdient seien, weil sie mit Leistung zusammenhängen."

Diese Annahmen müsse man beiseite räumen, um etwas ändern zu können. "Aber sobald man solche Themen anspricht - Umverteilen, Steuererhöhungen - dann hat man selbst bei denjenigen, denen es doch helfen würde, völlige Denkblockaden. Das ist verrückt. Aber da hilft nur wirklich geduldige Aufklärung. Anders kommen wir da nicht voran."