Vis à vis - Armutsforscher Butterwegge: "Deutschland im Krisenmodus"?
Die reichsten Firmen und Personen in Deutschland sind während der Pandemie um rund 100 Milliarden Euro reicher geworden. Die Kluft zwischen Arm und Reich gefährde das Gemeinwesen, schreibt der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge in seinem neuen Buch "Deutschland im Krisenmodus". Von Ursula Vosshenrich.
Die Corona-Pandemie habe besonders polarisierend gewirkt, sagt Armutsforscher Christoph Butterwegge. "Auf der einen Seite wurden die Armen besonders getroffen." Das gelte für die, die unter harten Bedingungen arbeiten müssen, etwa in Fleischfabriken, eng am Fließband stehen oder in Gemeinschaftsunterkünften leben. Das habe auch die betroffen, die mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren mussten. Auf der anderen Seite habe die Pandemie diejenigen weniger stark tangiert, die von Zuhause aus arbeiten oder mit dem eigenen Auto zur Arbeit fahren konnten.
Ungleich habe sich die Pandemie auch in der Wirtschaft ausgewirkt. So hätten vor allem die Lebensmittel-Discounter enorme Gewinne eingefahren.
Armutsforscher Butterwegge: Corona-Hilfen für sozial Schwache erst sehr spät
Auffallend sei auch gewesen, dass sich der Staat schnell und in hohem Umfang darum gekümmert habe, die Wirtschaft am Laufen zu halten. "Das ist gar nicht falsch, wenn der Staat dafür sorgt, dass nicht so viele Arbeitsplätze verloren gehen in so einer Krise", betont Butterwegge. Aber damit habe der Staat die Polarisierung in der Pandemie befeuert, sagt der Politikwissenschaftler. Während für die Unternehmen schon im März 2020 ein Hilfspaket geschnürt worden sei, hätten Geringverdiener weitere 14 Monate auf dann geringe Hilfsmaßnahmen warten müssen.
Butterwegge kritisiert, dass durch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen keine Unterschiede zwischen Arm und Reich ausgeglichen wurden. Stattdessen seien die Pakete so geschnürt gewesen, dass sie manchmal den Bessergestellten mehr zugute gekommen seien.