Vis à vis - Michal Hvorecký: Ist die Demokratie in der Slowakei in Gefahr?
Schon zum vierten Mal ist der Populist Robert Fico in der Slowakei zum Premierminister gewählt worden - trotz vorangegangener Skandale. Was das für die Demokratie im Land und den Zusammenhalt in der EU bedeutet, hat Stephan Ozsváth mit dem Journalisten und Schriftsteller Michal Hvorecký auf der Wiener Buchmesse besprochen.
Nach dem Doppelmord am Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter Martina Kušnírová vor fünf Jahren kam es in der Slowakei zu Massenprotesten. Premierminister Robert Fico musste zurücktreten. "Man dachte, er ist politisch am Ende", sagt der Journalist und Schriftsteller Michal Hvorecký. Doch nun wurde Fico in dem kleinen EU- und Nato-Mitgliedsstaat erneut zum Regierungschef gewählt.
Während der Pandemie habe Fico mit populistischen Parolen seine Rückkehr vorbereitet, sagt Hvorecký. "Er wurde auf einmal Anführer dieser ganzen Impfgegnerbewegung." Damit habe er sich an die Spitze der sogenanntent "Wutbürger" gestellt und einen langwierigen Wahlkampf geführt. So sei es ihm gelungen, nach der Nationalratswahl am 30. September eine neue Regierungskoalition anzuführen.
Hvorecký: Slowakei ist tief gespalten
Viele Menschen im Land seien enttäuscht von der Vorgängerregierung, sagt Hvorecký. "Es gab sehr viel Chaos, sehr wenig Vertrauen, Mismanagement aller Art." Davon könnten Populisten immer profitieren. Nun sei das Land tief gespalten.
Doch Hvorecký sieht auch einen Lichtblick: Die Partei "Progressive Slowakei" sei nun die stärkste liberale Kraft in der Geschichte des Landes. "Mit 18 Prozent ist das jetzt eine starke oppositionelle Partei, die klar pro-europäisch ist, für Menschenrechte steht [...] und auch die Ukraine stark unterstützt", sagt der Publizist. Die Partei habe in der Zukunft eine realistische Chance, eine Regierungskraft zu werden.