Vis à vis - Tierfilmer Jan Haft: Warum wir neben Wald auch Weide brauchen
Die Deutschen lieben ihren Wald. Urwüchsig soll er sein. Und im Kampf gegen den Klimawandel der große CO2-Speicher. Doch Weidelandschaften und große Tiere sind mindestens genauso wichtig für den Klimaschutz sagt der Biologe und Tierfilmer Jan Haft. Von Jana Ebert
Dieses Vis à vis ist eine Wiederholung. Die Sendung wurde zum ersten Mal im Juni 2023 ausgestrahlt.
Jan Haft war schon als Kind fasziniert von der Natur. Besonders Schlangen, Eidechsen und Frösche hatten es dem heutigen Tierfilmer. Beim Pilze suchen sei er über eine Waldeidechse gestolpert. "Dann war es um mich geschehen. Dann war ich ein glühender Verehrer von unseren heimischen Kriechtieren und Lurchen."
Als Jugendlicher drehte er seine ersten Naturfilme. Mittlerweile ist Haft einer der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilmer. Dabei widmet er sich vorrangig der deutschen Flora und Fauna.
Elefanten in Europa
Inzwischen sei es aber immer schwieriger, noch unberührte Lebensräume von Kreuzottern, Hirschkäfern und Eisvögeln zu finden, so Haft. "Echte Wildnis haben wir gar nicht mehr. Von den Alpengipfeln bis an die Küste von Nord- und Ostsee ist das Land von uns Menschen über die Jahrtausende ordentlich umgestaltet worden."
Bevor sich der Mensch im heutigen Deutschland ausgebreitet habe, gab es auch bei uns große Pflanzenfresser, die wir heute nur noch vom afrikanischen Kontinent kennen, erklärt der Tierfilmer. Dabei hätten Elefanten, Nashörner, Büffel, Riesenhirsche und Wildpferde eine entscheidende Rolle für den Erhalt der Wildnis in Europa gespielt.
Weideböden als bester CO2-Speicher
Doch auch unsere heutigen Kühe könnten einen wesentlich größeren Beitrag für die Artenvielfalt und den Klimaschutz in Deutschland spielen, glaubt Haft, wenn sie ein artgerechtes Leben führen dürfen. "Ein Rind draußen, das ein bis zwei Hektar Platz hat, verursacht durch das Fressen und das Abgeben von Dung eine starke Kohlenstoffeinlagerung im Boden."
Eine von Rindern bewohnte Weide könne so mehr CO2 speichern als ein Wald, sagt der Tierfilmer, da Kohlenstoff nur im Bodenhumus dauerhaft abgelagert werden könne. "Wald ist kein guter Bodenhumus-Bildner, während eine große Weide mit fünf, sechs, sieben Meter dicken Schwarz- und Braunerdeböden, das sind die großen Kohlenstoffbatterien, die immer unaufhörlich aufgefüllt werden können."
Zukunftsmodell Döberitzer Heide
Auf solchen von großen Pflanzenfressern beweideten Flächen würden Prozesse ablaufen, die denen in der Wildnis sehr nahekommen, erklärt der Dokumentarfilmer. Vögel und Bienen würden hier optimale Lebensbedingungen vorfinden. Die Hufe der großen Tiere würden den Boden öffnen für Pflanzen und ihre Suhlen halten das Regenwasser und bieten Brutstätten für Frösche und Molche.
Ein gutes Beispiel dafür sei etwa auch die Döberitzer Heide zwischen Potsdam und Spandau. Hier sehe man schon wie die dort lebenden Wisente und wilden Przewalski-Pferde wirken und die Landschaft gepflegt werde durch die großen Tiere.