Abrissarbeiten der Ringbahnbrücke werden vorbereitet
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100 Sekunden Leben - Brückentage ohne Ende

Eine Brücke spaltet Berlin: Am Mittwoch hatte Doris Anselm hier erklärt, dass Berichte über die Ringbahnbrücke nerven. Thomas Hollmann kann von Abriss nicht genug bekommen.

Ich gucke der Brücke Tag und Nacht zu – per Live-Stream. Auf den bin ich zufällig gestoßen, bei Youtube. Und als ich all die Bagger unter der Ringbahnbrücke habe herfahren sehen, wie die Stahlplatten hochhieven und an anderer Stelle wieder fallen lassen, da wusste ich: Hier bin ich bei etwas Kolossalem dabei – und das in Echtzeit.

Und ich bin nie allein. Schon morgens um sechs gucken 200 Leute zu. Denn irgendwas passiert immer auf so einer Baustelle. Und wenn es die kleinen Männchen in ihren orangefarbenen Warnwesten sind, die die Erdrampe hochlaufen, die neben der Brücke aufgeschüttet worden ist, damit die Leute und die LKW da hochkommen. So ein Abriss will offensichtlich gut vorbereitet sein.

Zwischendurch kann ich auch mal auf die Toilette oder zum Einkaufen gehen. Denn alle halbe Stunde gibt es eine Zusammenfassung der Bauarbeiten im Zeitraffer. Ein Computerprogramm schneidet die Bilder der beiden Kameras auf dem ICC automatisch zusammen. Hat mir ein Mann von der Autobahn GmbH erklärt. Dabei dachte ich immer, diese Autobahnleute sind die totalen Betonköpfe. Aber die verstehen auch was von Public Relations.

Mir macht das Baustellen-Watching schon richtig Mut und Hoffnung, dass Deutschland doch noch funktioniert. Und die neue Regierung will doch auch Tempo machen? Das wurde bei der Koalitions-Pressekonferenz am Mittwoch jedenfalls versprochen. Weshalb ich annehme, der Merz und der Klingbeil gucken auch den Brücken-Stream. Aber keine Bange: Weder die CDU noch die SPD kann den Rekord-Rückbau als ihren Erfolg ausgeben. Die Autobahnleute haben die Chat-Funktion vorsorglich ausgestellt.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.